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Reisetagebuch

1/9/2005   Suedafrika / Pienaasrivier

Im Township

Alltaeglicher Rassismus

(Harald) Noch einmal ein gemeinsames Fruehstueck mit den Amerikanern Tommy und Kathy und Brian aus UK.

Corinne kann es sich zum wiederholten Male nicht verkneifen, ueber die "Schwarzen" zu schimpfen, als ich vom HOKISA-Projekt in Kapstadt erzaehle. Sie halte nichts von solchen Projekten, die Aids-Waisen unterstuetze. Erst steckten sich die Leute mit wahllosem Sex an, verantwortungslos, dann ruhten sie sich auf staatlichen und Hilfsorganisationsgeldern aus. Auf meinen Einwand, dass die Kinder doch nichts dafuer koennten, zuckt sie die Schultern, schuettelt den Kopf- trotzdem eben, nicht in diesem Fall. Was ist nur mit diesen Leuten los? So etwas entscheidet man doch vom Herzen her! Haben die da Steine anstatt?

Mir ist solches Reden unangenehm, auch vor den Zuhoerern. Der freundliche Brian gibt mir demonstrativ 40 Rand als Spende, seine Antwort auf diesem Rassismus-Mist.

Ich fahre um 10.30 Uhr los, letzte Fotos, dann stadtauswaerts. Ich verfahre mich, muss gut 15 km Umweg in Kauf nehmen.

Als ich nach dem Weg frage, warnen mich die Fahrer wiederholt davor, in die umliegenden, sog. "Townships" zu fahren. Das waren, bis vor 10 Jahren, lageraehnliche Siedlungen, in denen die Urbevoelkerung wohnen musste. Die riesigen Wohnsiedlungen sind heute nicht mehr umzaeunt oder kontrolliert, aber man wohnt noch genauso, wie zuvor. "Fahren sie besser zurueck! Hier entlang kommen sie geradewegs in ein Township, da ueberfaellt man sie sicher!" Seit dem Ueberfall bin ich vorsichtiger geworden und folge dem Rat erstmal.

Nach 50 km beginnt die rechte Pedale zu schlagen- na, herzlichen Glueckwunsch!

Die geteerte Strasse ist gut, aber schmal. Mehrmals fegen mich LKW ins Gruen, weil sie, manchmal unoetig, zu nahe an mir vorbeifahren. Und auch hier ueberholt der Gegenverkehr, obwohl ich die Gegenfahrbahn zu sehr verenge. Mit vorgeschobenen Unterkiefern und starren Geradeausblicken rasen sie mir entgegen und vorueber: Fahr zur Seite oder stirb! heisst die Devise, denn fuehre ich nicht ins Gruen, haetten sie keine Chance auf so kurze Distanz noch zu bremsen.

Das Rad rollt schwer. Ich schaetze das der Rollwiderstand 20-30 % groesser als bei meinem alten Rad ist- und das war schon schwergaengig, wie sich bei Vergleichen immer wieder erwies.

Und starker Gegenwind hindert mich ordentlich voranzukommen. So lasse ich es am Nachmittag, nach 75 km, gut sein. Das soll fuer den ersten Fahrtag nach vier Wochen Pause reichen.

Ich bin in Pienaarsrivier, einem riesigen Township. Hier leben zehntausende oder mehr. Beton-, Stein- und Holzhaeuschen verschiedener Groessen, dazwischen verschlammte, weil unbefestigte Strassen. Ab uns zu ein Auto davor, mal ein kleiner Gemuesegarten. Autowracks, Werkstaetten, kleine Laeden, stets Spirituosen und Fruechte, an der Strasse fliegende Haendler, die Suessigkeiten, Getraenke und Gemuese anbieten.

Es gibt ein einziges Hotel. Das Zimmer ist gross, hell sauber und mit 12 EU fuer meine Verhaeltnisse teuer.

Der junge Schwarze an der Rezeption hat mir, genauso wie seine Kollegin, vergessen zu sagen, dass rd. 4 EU des angegebenen Preises ein Sicherheitsdeposit sind, dass bei Schluesselabgabe wieder ausgezahlt wird. Der ungepflegte Weisse, der untaetig hinter dem Jungen vor dem Fernseher sitzt und sich ein Kricketspiel ansieht, schimpft ihn deswegen aus, wobei er meint, mir erstmal die wahre Ursache fuer den Fehler erklaeren zu muessen. Er zeigt auf sein Gesicht: "Sehen sie? Eine andere Hautfarbe, deshalb!" Der Junge vor ihm verzieht keine Miene, als habe er das nicht gehoert.

Ich hoere ihn noch eine Weile den Jungen kleinmachen, der dann veraergert oder verletzt, auf der Treppe sitzt. Er arbeitet schon lange hier und sollte wissen, was man dem Gast sagt. Ich argwoehne, dass er bei unwissenden Touristen das aus Unwissenheit vom Gast nicht zurueckverlangte Deposit selber einsteckt. Aber vielleicht sehe ich jetzt schon Wuermer im Sauerkraut...

Obwohl am Abend im Garten beim "Braai", dem suedafrikanischen Picnic-Grill, ein paar laute Gesellschaften tagen und im EG eine Disko droehnt, ist es nachts ruhig wie in einer Gruft.

geschrieben am 20.1. in Sabie


 


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