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Reisetagebuch

1/11/2005   Suedafrika / 14 km vor Potgietersrus / Molokpane

Bei den Buren

Ein Schakal zu Besuch

(Harald) In einer Autowerkstatt habe ich mir mangels Werkzeug und geoeffneten Fahrradlaeden, die schleifenden Bremsen einstellen lassen.

Wieder nimmt mich auf der Nationalstrasse ein schwarzer Autofahrer aufs Korn und ich lande im Gras, wenn auch nicht auf der Nase. Auch die aufdringlichen LKW sind wieder vertreten.

Die Gegend ist zwischen den Siedlungen duenn besiedelt, hier reihen sich hauptsaechlich Farmen lueckenlos, Elektrozaun an -zaun, aneinander. Hier gibt es keine grossen, wilden Tiere mehr; nur innerhalb der, oft riesigen, Farmen, leben z.T. halbdomestiziert, Antilopen und Gazellen.

Es ist bewoelkt, was mir recht ist, haelt es mir doch die sengende Sonne im wahrsten Sine des Wortes vom Hals. Trotz bedeckten Himmels sind meine Unterarme und mein Gesicht sonnenverbrannt.

Ich kaufe also, nach langer Zeit mal wieder, Sonnencreme. Beim Auftragen schauen mich neugierig ein paar Kinder an: was, zum Tuefel, macht der da? scheinen ihre Augen zu fragen. Tja, ihr braucht das nicht.

In der Kleinstadt Nyboomspruit mache ich Pause. Netcafe, Kentucky Fried Chicken. Hier faellt mir auf, dass ich unterwegs meine Strassenkarte vergessen habe. Heiligs Blechle, meine Vergesslichkeit. Immer in Gedanken.

Ich lasse Rad und Gepaeck in einer Kammer der Kueche bei KFC zurueck und fahre 25 km mit einem Minibus zurueck, die hier "Taxi" heissen. Dann stehe ich wieder vor dem kleinen Bauernladen und halte gluecklich die Karte in der Hand. Der weisse Besitzer raet mir, dem Verkehr auf der falschen Seite entgegen zu fahren, sein Sohn sei bereits zweimal von hinten angefahren worden.

Eine Stunde halte ich den Daumen raus, um eine Mitfahrgelegenheit zurueck zu ergattern. Erst, als ich einen Kunden des Laedchens anspreche, nimmt mich der mit. Der Weisse spricht, wie die meisten, mit einem Africaans-Dialekt. Er spendiert mir ein Ginger-Bier. Im Wagen sitzt stumm ein Schwarzer im Blaumann, der mich nicht gruesst. Der Weisse rast wie ein Irrer in seinem weissen BMW-Coupe. Bei einem Zwischenstop an einer Farm eines Bekannten, schickt er den Schwarzen zum 5 Meter entfernten Auto seine Zigaretten holen, dann ein zweites Mal sein Handy. Danke sagt er nicht.

Ich werde am KFC abgesetzt und fahre weiter. Die Landschaft ist buschig-gruen, von rotbraunen Bergkaemmen durchzogen. Als mich ein Regenschauer durchnaesst, suche ich Schutz in einem kleinen Backsteingebaeude am Eingang einer Farm. 5 Schwarze halten sich hier auf, ohne erkennbare Taetigkeit, einer dampft einen Joint. Ob ich auch..? Nein danke, ich tagtraeume schon genug.

Die Sonne steht tief, bis Potgietersrus ist es noch gut eine Stunde. Warum nicht mal auf einer Farm uebernachten? Kurzerhand lenke ich mein Rad einen unbefestigten Weg zu einem Einfamilienhaus hinauf, wo mich mehrere Hunde verbellen.

Hier wohnen die Rautenbachs, irgendwann mal Vorvaeterdeutsche gewesen, sprechen sie heute nur Africaans, der Vater spricht sogar kaum Englisch- und das in einem Staat mit 12 Amtssprachen.

Ich darf mein Zelt mitten auf dem weichen, gepfegten Rasen, vor dem kleinen Haeuschen fuer den Whirlpool, aufstellen. Ich kann heiss Duschen und man serviert mir "Africaanse Wors" vom Gartengrill mit Senf und ein Bier. Dann gibt es Amarula-Kirsch-Likoer, volle Glaeser, als obs Apfelsaft waere.

Der juengste von 4 Bruedern von Danie, dem Hausherrn, kommt. Beide sind dickbaeuchig, tragen kurze Hosen und haben hochblutdruckrote Gesichter. Ihre Augen blitzen lebendig, ihr Gehabe ist gelassen.

Wohin ich fahre? Richtung Zimbabwe.

"Eine langweilige Strecke, da ist nichts, nur Kaffern", meint der Bruder und man lacht. Mit diesem Begriff sind keine Wildkuehe gemeint, sondern Schwarze. Ich solle durch die Berge Richtung Kruegerpark fahren, raet er mir, eine wunderschoene Gegend sei das.

Und: "Zimbabwe? Mmmmh. Mugabe! Ein ganz grosser Pavian. Kennen sie den?"

Tja, das sind sie wohl, die Buren, die verschriehenen Rassisten Suedafrikas.

Der Mann sagt, Suedafrika sei voller schwarzer Rassisten. Ich entgegne freundlich, dass mir noch keiner begegnet sei.

In der Nacht riecht irgendein groesseres Tier etwas Leckeres aus meinen Zelt und versucht darunter zu kriechen. Danie hat mir 1 kg "Biltong" geschenkt, luftgetrocknetes und somit haltbares Fleisch. Es sei "Game-Meat", also Wildfleisch, hier von einer Kudu-Antilope. Seltsamerweise nennt man Wildtiere in Ost- und Suedafrika "Game", also "Spiel". Wohl, weil das Jagen soviel Spass macht. Hier werden unglaubliche Summen fuer den legalen Abschuss von grossen Tieren geboten. 20 bis 40.ooo Dollar fuer das Toeten von Leoparden, Kaffernbueffeln, Giraffen oder, top of the list, maennlichen Loewen. Muss das toll sein, eine Bleikugel in ein Tier zu schiessen und dann, ganz maennliche Potenz, grinsend-stolz dahinter zu posieren. Frueher hat man noch einen Fuss drauf gestellt, dass scheint jetzt verpoent zu sein. Was koennte man mit soviel Geld alles Sinnvolles machen. Nur wuede es dafuer nicht ausgegeben. Andererseits helfen die Einnahmen aus Jagden auch private oder sogar staatliche Schutzgebiete zu finanzieren. Nur was Geld bringt, ist nach dieser Logik erhaltenswert.

Wahrscheinlich ist mein naechtlicher Besucher ein Schakal, den ich schnueffelnd wenige Zentimeter neben meinen Kopf hoere. Ich schlage zweimal auf die Zeltwand, um ihn zu verscheuchen. Dann versucht er es hoerbar am Gitter des Entengeheges, bis ihn bellend die Hunde vertreiben.

geschrieben am 20.1. in Sabie


 


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