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Reisetagebuch

1/13/2005   Suedafrika / Township Mentz Mshong Village

Im Township

Blick zu den Sternen

(Harald) Ich schreibe morgens im Internet, kaufe neue Griffgummis fuers Rad und lasse nochmals die Bremsen justieren- ein Dauerthema, so scheints. Auch dieses Geschaeft wird von einem Inder betrieben. Und ich erstehe eine Gelauflage fuer den Sattel, denn der neue Sattel verursacht mir Entzuendungen und ich mache keine Pausen, so dass sich die Haut erholen koennte.

Erst am Nachmittag fahre ich los. Ich suche die Strasse nach Tzaneen, der naechsten Stadt Richtung Krueger National Park. Die Strasse ist gut und breit, jedoch stark befahren. Die Sonne scheint deart stark, dass ich Sonnencreme auflegen muss; zum ersten Mal wieder nach langer Zeit.

Ich fahre durch eine Reihe von Townships und sehe keinen einzigen Weissen mehr. Dies ist eine der rassistischsten Gegenden Suedafrikas. Hier wurde Schwarzen sogar noch nach 1994 (der Machtuebergabe an die schwarze Mehrheit des Landes) der Zutritt zu Schulen der Weissen verwehrt. Und ueber manchen Lokalen haengen auch jetzt noch Schilder: "Nur fuer Clubmitglieder"- meint: nur fuer Weisse.

Ich gruesse, aber werde haeufig nicht zurueck gegruesst, wohl eher erstaunt, denn erfreut.

Die riesigen Townships bestehen aus hunderten, manchmal tausenden von kleinen Haeuschen, Huetten. Die Regierung Mandelas, der ANC (African National Congress) hatten versprochen, dass fuer alle Armen ein Haus gebaut wurde- kostenlos. Fuer nur 8000 Rand (ca. 1100 EU) konnten diese Haeuser anfaenglich erstellt werden. Aber bald schlichen sich wieder "Krankheiten" ein. Z.B. liessen wohlhabende Schwarze Verwandte, Freunde etc. fuer einen Antrag auf ein Haus unterschreiben. Nach Uebergabe vermieteten die Reichen, Maechtigen diese Haeuser.

Ein anderes Bsp.: Die Haeuser wurden nicht, wie vorgegeben, ordentlich gebaut. Mauern brachen, Daecher wurden abgedeckt, weil zu wenig oder falsches Material verwendet wurde. An anderen Stellen wurde beim Bau auch mal die Kueche vergessen- Schlamperei, Korruption, Missbrauch. Selbst fuer durchorganisierte Staatssysteme ist Missbrauch ja an der Tagesordnung- wie sehr leiden dann erst anfaelligere Systeme darunter.

Vor manchem Haus steht ein Auto und es gibt, wenn auch selten, groessere Haeuser mit Gardinen, die verputzt und gestrichen sind, die eine Rasenflaeche vor Haus haben und Blumen.

Die Strassen, Wege zwischen den Grundstuecken sind unbefestigt und der Regen hat z.T. tiefe Ablaufrinnen ausgewaschen und jetzt, in der Regenzeit, ist alles voller Matsch.

Dann wird die Streckenfuehrung grandios. Der heisse Sonnenschein verdunstet die Feuchte aus dem Baum- und Buschland an den Berghaengen, die mit Kiefern, Eukalyptus und Laub-Mischwald bestanden sind. Am Strassenrand stehen gelbe, weisse und violette Blumen, die von Schmetterlingen umworben werden. Eidechsen huschen haeufig vom waermenden Asphalt des Standstreifens ins hohe Gras, Chamaeleons versuchen wackelnd todesmutig die Strasse zu ueberqueren, ein schwarzer, sprelingsgrosser Vogel fliegt ueber meinen Kopf hinweg; seine ueberlangen Schwanzfedern sind so schwer, dass er in kurzen Wellen fliegen muss.

Da es vornehmlich aufwaerts und gegen den Wind geht, kann ich Tzaneen heute nicht mehr erreichen, als es dunkel wird. Ich fahre seit einer Stunde an endlosen Siedlungen vorbei- hier ist ein Seitenweg so gut wie der andere, nichts verlockt hier zu einer bestimmten Wahl.

Vier Jungs stehen neben der Strasse und ich spreche sie einfach an: "Wie ihr seht, bin ich mit dem Rad unterwegs und brauche fuer die Nacht einen Zeltplatz. Ich habe alles was ich brauche- Wasser und Essen, Schlafmatte und -sack. Ich moechte nur geschuetzt zelten."

Die Jungs beraten sich, dann laedt mich einer zu seinem Compound ein und ich schiebe mein Rad hinter den Jungs her. Vorsichtig, hoeflich fragen sie mich nach dem Woher und Wohin und Warum.

Schliesslich erreichen wir ein etwa 300 qm grosses Grundstueck mit einer einfachen Barracke mit Wellblechdach. Die Mutter des etwa 16-jaehrigen namens Obed Phala, laesst meine zum Gruss ausgestreckte Hand einfach in der Luft haengen- lange. Sie stellt Fragen auf Sepedi, einer hier vorherrschenden Sprache und ich lehne es ab an einem Ort zu schlafen, an dem man meine Hand ausschlaegt.

Aber Obed greift ein und die Mutter meint ploetzlich, freundlich: "No problem. You can stay. No problem, its. o.k." Eigentlich ist es fuer mich nicht o.k., aber ich wills andererseits auch nicht uebertreiben und bleibe, schlage mein Zelt auf, wobei mir die Jungs helfen.

Dann stehen wir im kuehlen Abendwind und erzaehlen, stellen uns Fragen und ich male mal wieder Europa und Vorderasien und Afrika in den Sand und zeige meine Reisestrecke, denn man kann nicht glauben, dass ich auf einem Fahrrad ueber das Meer gekommen, geschweige denn, dass ich darum herum gefahren bin.

Die Nacht ist sternenklar und ich zeige den Jungs einen Sateliten, der schnell ueber uns dahinzieht und dann am Horizont verschwindet. Ich rechne nach und rate ihnen, in 2-3 Stunden mal wieder hochzuschauen, weil er dann wieder erscheinen wird.

Und dann sehen wir uns die Sternbilder an: Den Grossen und den Kleinen Wagen, Orion und das Kreuz des Suedens etc.

In der Nacht kommt ein Sturm auf, so dass ich im regenpeitschenden Wind Leinen ziehen muss.

geschrieben am 27.1. in Nelspruit


 

 

 

 

 

 

 


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