1/24/2005 Suedafrika / Krueger Nationalpark
Safari!
Mitten unter den Tieren
(Harald) Wir vier erreichen gleich nach Oeffnung morgens das Gate des Nationalparks. In der Nacht wurde der kleine Shop am Eingang aufgebrochen und man wartet jetzt auf die Polizei. Neben Serengeti- und Massai-Mara duerfte "Der Krueger" der bekannteste Tierpark Afrikas sein. Ca. 450 km lang streckt er sich an der Grenze zu Mosambik, im Mittel etwa 60-80 km breit. Hier leben hundertausende von Herdentieren (!), tausende von Loewen, hunderte Nashoerner. Sogar die fast ausgestorbenen Wildhunde gibt es, sowie einige Geparden, die ebenfalls eine schlechte Aussicht haben, in freier Wildbahn noch lange zu ueberleben. Jetzt, zur Regenzeit, ist der Park ueberall gruen, das Gras waechst hoch und saftig, blueht, die silberfarbenen Aehren wiegen sich wie ein silberfarbener Teppich im Wind. Der Park ist halbtrocken, also zwar groesstenteils mit Bueschen und halbhohen Baeumen bestanden, aber in ein paar Wochen wird das Gras schon gelb sein und viele Laubbaeme verlieren ihr Laub. Jetzt ist es, ob der dichten Vegetation, schwieriger als sonst, Tiere zu entdecken. Durch den Park ziehen sich nur wenige Teerstrassen, die man nicht verlassen darf. Kleinbusse, speziell fuer Safari-Touristen konstruierte LKW und PKW fahren umher. Die Spezialfahrzeuge sind oft offen, d.h., die Fahrgaeste sitzen in ca. 3 Meter Hoehe hinter halbhohen Bruestungen, aber ansonsten ist der Wagen offen und ich wundere mich, wieso die Loewen sich solche Gelegenheiten entgehen lassen. Immerhin gibt es Fotos, auf denen Loewen auf Autodaechern stehen. Und wir haben auch gleich Glueck. Andre hat sich umgehoert und von einem Loewenriss gehoert. Wir eilen dorthin, 25 km weit. Unterwegs sehen wir einen ausgewachsenen maennlichen Loewen, der durch das halbhohe Gras streift, seine Maehne weht im Wind wie das Gras. Dann erreichen wir die Stelle. Ein Loewenmaennchen haelt Wache an einem Elefantenkadaver, der voellig leergefressen ist. Geier zeigen uns schon von weitem die Stelle an. Dem Loewen ist der Schwanz abhanden gekommen und nur noch ein schwarzer Stumpf ist uebriggeblieben. Ueberall Herdentiere, wenn auch nicht in grosser Zahl: Giraffen, Gnus, Zebras, Buefffel, vor allem das im Park haeufigste Tier, die Impala-Antilope, Grosse Kudus, Elefanten, blaugefiederte Voegel, Adler, Falken, Reiher... Es ist ein weiteres Paradies, in dem die Autos und die Teerstrasse das einzig Stoerende sind. Andre versorgt uns ohne Unterlass mit Geschichten, wo er welche Tiere gesehen hat. Allerdings sind die Tiere halt jetzt nicht da, nicht die Nashoerner und auch nicht die Loewen. Unser Fuehrer scheint unablaessig bemueht, uns zu versichern, dass er den Park in- und auswaendig kennt und schon oft hier war und seine Gaeste stets zufrieden sein konnten. Dieser nie versiegende Plapperstrom nervt gewaltig. Halten wir irgendwo zur Tierbeobachtung, zuckt und ruckelt Andre herum, legt Gaenge ein und wieder aus, zieht die Handbremse und lockert sie wieder, rutscht auf seinem Sitz herum und will stets gleich wieder weiterfahren. Irgendwann sage ich ihm, er solle einfach mal ruhig sein, den Motor ausmachen und warten, denn an vielen Tieren fahren wir vorbei, weil Andre uns unbedingt die "Big 5" komplettieren moechte. Neben Loewen, Leoparden gehoeren die Bueffel, Nashoerner und Elefanten dazu. Das sind fuer die "Grosswildjaeger" die gefaehrlichen, kaempfenden Arten. Fuer mich war das stets seltsam, dass die groessten Tiere, die Giraffen, sowie die gewaltigen Nilpferde und die Elenantilopen nicht dazu gehoeren, die ja so gross wie Bueffel sind. Auch die zarten Impalas sind echte Hingucker. Jetzt ist Brunftzeit bei allen Spezies und die Boecke druecken sich mit den Geweihen. Das kann bis zur voelligen Erschoepfung gehen und selten und eher unfallartig spiessen sich die Tiere auch auf. Wir erreichen einen wunderschoenen Aussichtspunkt auf einem etwa 200 Meter hohen Huegelruecken. Ein armlanger Skink, eine Glattechse, schiebt sich gemaehchlich ins Gebuesch, als wir auf den schilfueberdachten Natursteinstufen Platz nehmen und mit unseren Fernglaesern in die hitzeflimmernde Ebene hinunterblicken. Dort ziehen drei Nashoerner umher, aber das Schoenste ist die Aussicht und der Friede. Hier versteht man, warum viele Europaeer, die einmal an einem solchen Ort weilten, Afrika nicht mehr verlassen konnten, trotz aller Gefahren und Beschwernisse. Eidechsen mit leuchtend blauen Schwaenzen wuseln zu unseren Fuessen, bizarre Spinnen sitzen in schwankenden Netzen: viereckig, gelb und rot, mit Stacheln. Wir ueberqueren einen von mehreren Fluessen im Park. Krokodile lugen aus der Wasseroberflaeche, ein Goliathreiher, der groesste der Welt, steht 150 cm gross im Wasser. Aasgeruch zeigt uns eine Stelle, an der ein altersschwacher Elefant den rutschigen Hang aus dem Fluss nicht mehr hochschaffte und nach voelliger Erschoepfung Krokodilen und Loewen zum Opfer fiel. Das einsetzende "Jagdfieber"- wo ist der Kadaver?- fuehrt zu vermehrter Fantasie. Andre und ich vermeinen im Wasser den Kopf und Ruessel desselben zu sehen. Es stellt sich heraus, dass es aber nur Felsen sind und ich erinnere mich an Szenen meiner Kindheit, wo der eine Spiel-Jagdkamerad den anderen verrueckt machte: "Da war doch was, ich hab was gesehen, gehoert, ganz sicher..." Und am Ende waren wir alle sicher, die Hexe gesehen zu haben, oder den Wolf. Auf den Strassen kriechen Schlangen, Andre liegt schwer daneben mit seiner Klassifizierung und mag seinen Irrtum nicht zugeben, als ein anderer Guide ihn korrigiert: Keine Mamba, sondern eine hellgruene Baumschlange wars, spaeter eine kleine Puffotter. Leider ist es bei Strafe verboten auszusteigen, sonst haette ich das Exemplar gerne gefangen. Am Abend grillen wir Hamburger und trinken Bier aus Buechsen und suedafrikanischen Wein aus Pappkartons. Wir sind mitten im Park in einer der grossen Lodge-Anlagen. Ich bin mit Andre in einem Zimmer untergebracht. Ausserdem bin ich zum Suedafrikaner mutiert, denn die zahlen weniger Eintrittgeld. Eine junge Fledermaus faellt mir fast auf den Kopf. Auf meiner Hand krabbelt das streicholzdoeschen grosse Tier zitternd und fiepend umher. Ich bugsiere es zur Rest der Brut, die zwischen Balken und Dachplatten mit winzigen Aeuglein auf mich herunterstarrt. Dank Klimaanlage wird es eine angenehme Nacht. geschrieben am 8.2. in Siteki / Swaziland
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