2/7/2005 Swaziland / Siteki
Vilma und Kaspar...
...haben ihre Bestimmung gefunden
(Harald) Meine Gastgeber sind sehr glaeubige Christen. Er heisst Kaspar, ist Mitte Dreissig und Suedafrikaner aus Belfast, einem Ort in den Bergen um Leidenburg, sie heisst Vilma, 39, kommt aus Guatemala. Die beiden haben sich in Tunesien kennengelernt, wo sie Missionsarbeit leisteten. Weil Kaspars Eltern echte Buren und, wie er selbst sagt, Rassisten sind, beschlossen die beiden sich zu trennen und Vilma ging nach Guatemala zurueck. Beide konnten einander nicht vergessen, aber Vilma beschloss: “Gott, ich lege diese Liebe in deine Haende. Wenn du willst, dass wir uns wiederfinden, muss Kaspar zu mir kommen und an meine Tuer klopfen.” Jahre spaeter arbeitete Kaspar als Manager einer Straussenfarm in Ismaliya in Aegypten. Als er Freunde in Kairo besuchte, oeffnete ihm dort Vilma die Tuere. Diese Fuegung machte sie sicher, entgegen aller Widerstaende, an Gottes Willen zu glauben und zu heiraten und jetzt haben sie zwei Kinder und leben in Swaziland. Seltsamerweise hat Kaspars Mutter eine grosse Zuneigung zu der braunhaeutigen, indigen aussehenden Vilma entwickelt. Aber selbst heute ist es fuer die beiden schwierig, ja unertraeglich, in Suedafrika zu leben, weil dort Mischehen immer noch mit sozialer Aechtung bestraft werden. Kaspar erzaehlt von seiner anstrengenden Zeit in Aegypten, wo ihm auch die Buerokratie das Leben schwer machte. Immer auf der Suche nach Gottes Willen fuer sein Leben, sagt er heute, er habe seine Bestimmung gefunden. Er hat ein Projekt hier in Siteki gestartet, indem 160 Aids-Halb- und Vollwaisen halbtags betreut und unterrichtet werden. Kaspar erzaehlt, dass der Koenig schon zweimal oeffentlich angekuendigt hat, alle Kinder seines Landes sollten zur Schule gehen und weil ihm entgegen gehalten wurde, dass sich viele Eltern die Schulgebuehren nicht leisten koennen, versprach er, die Gebuehren zu uebernehmen. Die Schulen oeffneten also die Tore- aber, allein, dass Geld vom Hof kam nie. Das passierte zweimal und heute glaubt niemand mehr an die Einloesung des koeniglichen Versprechens. Moege ihm das Chassis brechen. Ich fahre mit Kaspar zu dieser Schule. Etwas ausserhalb der Stadt gelegen, auf dem Gelaende, dass der Gemeinde gehoert, hat man ein Betonfundament gebaut und darauf einen kleinen Holzbau errichtet, ohne Strom und nicht regendicht. Die Kueche ist ein Verschlag von 2x2 Metern, das WC ist ein Plumpsklo. Vier Betreuerinnen kuemmern sich um die Kinder, eine davon spricht etwas Englisch und fordert die Kinder auf, mich mit “good morning teacher” zu begruessen. Kaspar erklaert, dass hier allein 60 Vollwaisen vertreten sind, d.h., beide Eltern sind zumeist an Aids gestorben. Bis zum Nachmittag sind die Kinder im Alter zwischen ca. 5 und 14 hier, mittags wird, wie jetzt, ein grosser Topf Pap gekocht- Maisbrei, den meine Leser unter “Ugali” (Kisuaheli) oder “Nzima” (in Malawi) kennen. Maisbrei saettigt ganz Afrika, Lebensmittel Nr. 1. Dazu gibt es etwas Gemuese oder sehr selten, Fleisch, noch seltener Reis. Die Kinder trinken alle aus einer einzigen Blechtasse, die auf der Erde vor einem mehrere tausend Liter fassenden Plastiktank steht. Gespielt wird mit einem selbstgebastelten Ball aus Pflanzenfasern und Plastikfolie, wie ich ihn ueberall in Afrika gesehen habe. Einige Knaben schieben an Stoeckchen Autos vor sich her, die sie aus Draht gebogen haben und denen Blechdosenscheiben als Raeder dienen. Die Jungs haben liebevoll oft sogar Tueren oder Klappen eingebaut, die man oeffnen kann. Es gibt keinerlei Spielzeug oder Spiele in unserem Sinne. Alle Kinder tragen Lumpen, anders mag ich das nicht nennen, angesichts all der Loecher und Fetzen. Manche besitzen nicht mal Schuhe. “Zu Hause” hat Vilma gekocht und wir essen gemeinsam, wobei vordem mit geschlossenen Augen- alle fassen sich an den Haenden- ein Tischgebet gesprochen wird. Ich fuehle mich bei solchen Menschen sofort heimisch, unkompliziert, offen, natuerlich, es wird viel gelacht und auch Ernstem nicht ausgewichen. Kaspar sagt: “Gott will uns hier haben, dass ist es wohl, was er von mir und Vilma erwartet.” Sie haben ihre Bestimmung gefunden, was ich von mir (noch) nicht entschieden sagen koennte. geschrieben am 20.2. In Matubatuba
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