2/11/2005 Suedafrika / Golela
Speedy Gonzales
Letzte Grenzueberquerung
(Harald) Abschied von Heike und Norbert, die heute nach Nelspruit zum Einkaufen fahren und einen Arzt aufsuchen. Schon seltsam, wenn man fuer solche Dinge mehr als zwei Stunden und in einen anderen Staat fahren muss. In einem Minibus fahre ich nach Big Bend. Mein Fahrrad ist unversehrt, ich kaufe Wasser. 40 Grad und Rueckenwind. Auf halber Strecke eine der vielen privaten Gamereserves. Besitzer und Management sind, wie immer, Weisse, die Bedienungen schwarz. Diese jungen Serviererinnen sind durchweg freundlich und bemueht, aber anstatt sich Abkuerzungen oder Nummern fuer Gerichte und Getraenke zu notieren, oder die kleine Bestellung im Kopf zu behalten, schreiben sie alles Wort fuer Wort auf. Trotzdem sie taeglich aus den umliegenden Doerfern mit Kleinbussen hierher kommen, wissen sie nicht, wie weit es zur naechsten Siedlung ist. Ich frage anders: "Wie lange faehrt man mit dem Bus dorthin?” “Eine Stunde, es ist nicht weit, 15 km.” Auf meinen Einwand, dass man waehrend einer Stunde Busfahrt mehr als 15 km zuruecklegt, laechelt die Dame verlegen. Sollte man nicht wissen, wie der naechste Ort heisst, in welcher Richtung er zu finden ist und wie weit das ungefaehr ist? Beim Kassieren rechnet die Frau mit einem Taschenrechner 12 und 6 zusammen. Zu Kassieren ist ihr Job seit Jahren, wie sie sagt. Ich kann mir diese Seltsamkeiten, die mir hundertfach begegnet sind, nur dadurch erklaeren, dass es einfach an einer Grundlage fehlt, einer Grundbildung, Allgemeinwissen, dass eben die Schulen kaum Wissen vermitteln. Wie oft ich schon erlebt habe, dass nach sechs Jahren Englisch in der Schule Jugendliche nicht mehr als “Good morning” zuwege bringen. Es ist oft nahezu unmoeglich, einfache Sachverhalte zu vermitteln. “Wenn du das machen willst, must du diesen Knopf druecken und dann diesen, verstanden?” “Ja.” “Und?” “Aber ich weiss nicht, was ich machen muss…” Das ist wie eine Sperre im Kopf und ich weiss dann manchmal nicht, ob ich den Kopf schuetteln oder lachen soll. Erwachsene kommen mir dann wie Kinder vor und manchmal gebe ichs einfach auf und suche eine andere Loesung. Beim Bezahlen sehe ich einen Sechserpack Coladosen und zwei Kartons mitten in diesem tadellos aufgeraeumten Laden auf dem Boden liegen. Ein Gast fragt, warum das niemand aufhebt. Die Kassiererin zuckt die Schultern. Eine Bedienung kommt, die aber erst in der Kueche die Schichtleiterin fragt, was sie machen soll, bevor diese sie anweist, die drei Sachen aufzuheben. Mit Rueckenwind erreiche ich die Grenze bei Sonnenuntergang, esse ein Beefcurry mit Reis und Kartoffeln - niam-niam ! und ueberschreite zum letzten Mal eine Grenze vor Kapstadt erreiche. Hinter der Grenze liegt ein netter Lodge-Komplex, aber die luxorioesen Holzbauten sind zu teuer und so schlage ich auf dem Rasen vor der Aussenbar mein Zelt auf. Der junge Barkeeper serviert mir kostenlos Biltong, luftgetrocknetes Wildfleisch, sog. “Gamemeet” und zwei Dosen Sprite sind auch umsonst fuer mich “Weltenbummler”, wie mich die Leute an der Bar nennen. In einem der Luxushaeuschen laesst mich der Junge baden und dann krieche ich ins Zelt. Leider hochzeiten gerade die Kroeten hier und die Maennchen quaken derart laut, dass ich sie nach und nach einsammle und weit weg trage. Gross mein Erstaunen, als sich die meisten binnen 20 Minuten wieder einfinden, denn es handelt sich offenbar um eine schnell- und weithuepfende Art der Gattung “Speedy Gonzales”. geschrieben am 24.2. in Empangeni
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