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Reisetagebuch

2/26/2005   Suedafrika / Tongaat

Beach Bums

Voll die Aekschen

(Harald) Mit der Hundedame jage ich morgens Blauaffen, die sich in den riesigen Bananenstauden verkoestigen. Solange nur der Hund von unten hilflos heraufbellt, lassen sie sich wenig stoeren, aber bei meinem Auftauchen bricht Panik aus, denn diese Affen werden haeufig geschossen, da sie als laestige Diebe betrachtet werden, die selbst durch Fenster und Tueren in die Haeuser springen. Einmal von Touristen “angefuettert”, verlieren sie ihre natuerliche Scheu und greifen in Autofenster oder reissen einem das Essen aus den Haenden. Wer auf die Idee kommt den Affen zu fangen, indem er ein Fenster oder eine Tuere verschliesst, erkennt sich und den Raum danach nicht mehr wieder.

Beim Fruehstueck attackieren mich die “Tagmuecken”, schwarze Viecher mit weissen Punkten, die als einzige Art auch tagsueber stechen und zu den Anophelesarten gehoeren, die Malaria uebertragen. Aber ich habe die gefaehrdeten Gebiete an der Nordkueste endgueltig hinter mir gelassen.

Die Luft ist voller Gischt, den der Wind wie einen duennen Nebel ueber die Kueste weht und so einen Schleier ueber alle Farben legt, die sich, jetzt pastellfarben, mild ineinanderfuegen. Unwirklich sieht das aus, wie mit einem Weichzeichner extra schoengemacht, Postkartenanblicke. Die feuchte Kuehle des Windes macht die Sonnenglut ertraeglich.

Am Abend erreiche ich Tongaat, eine Kleinstadt vor den Toren von Durban. Ich habe mir eine Ausgabe des “Coast to coast” zugelegt, einen Fuehrer zu den meisten Backpackern (“Jugendherbergen”). Der Aufenthalt in diesen Unterkuenften, in denen ausschliesslich Weisse uebernachten und oft auch nur Weisse in Bedienung und Management arbeiten, erspart mir garantiert weitere Diebstaehle und Ueberfaelle. Ich bin dieses staendige Bedrohungsgefuehl auch endgueltig satt und moechte mich entspannen. Suedafrika ist ja nicht wie z.B. Kenia oder Malawi. Hier gibt es deutlich mehr Aggression, mehr Kriminalitaet, mehr Rassismus. (Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Eintrages habe ich einige weitere Beispiele dafuer erlebt).

Der Backpacker liegt direkt am Strand, eine Menge Autos parken im Eingang, eine suesse Schwarze saeuselt mich aus dem Dunkel vor dem Office heraus: “Welcome. You are German?” Mein Akzent verraet mich. Die Backpacker kosten zwischen 7 und 10 Euro und sind die billigste Alternative zu den “Bed and Breakfast”-Hostels, die bei etwa 15 Euro anfangen.

Hier ist richtig was los, weil auch viele Gaeste aus der Stadt herkommen, denn man sitzt auf der Terrasse im Schatten, laesst sich den Wind um die Nase wehen und blickt ueber das Meer, zwischen Palmen hindurch, schluerft traege einen Cocktail oder prostet sich mit “Windhoek-Lager”-Bier zu. Die uebrige Mannschaft ist weiss, lange Lulatsche mit Taetowierungen, Piercings und stets leicht angeschickert. Auch ich muss erstmal einen heben, irgendetwas Suesses mit reichlich Prozenten. “A lot of beautys around here,” sagt der Barkeeper mit Kennermiene und nickt Richtung Strand.

Ich schlafe mit einem Surfer im Dorm, dem Mehrbettzimmer mit Stockwerkbetten. Die Kueste ist hier Surferrevier, die besten, sprich hoechsten und laengsten Wellen Suedafrikas brechen sich hier, es hat schon Tage mit 4-5-Meter-Monstern gegeben. Auch mein Zimmernachbar ist ein Musterbeispiel dieser Sportler-Kuenstler: hellblonde, lange Locken, braungebrannt, Australier mit coolen Spruechen. Er und seine Kumpel nennen die Bikinischoenheiten um uns herum nur “Chicks”, eine Abkuerzung fuer “Chicken” also Huehnchen. Was die Tangakoeniginnen nicht davon abhaelt, die Jungs zu umgarnen, so dass mich der Australier auch gleich fragt, ob ich das Dorm fuer eine kleine “Extrastunde” mit einer Norwegerin mal eben raeumen koennte. Um mich von der Dringlichkeit seines -im wahrsten Sinne des Wortes- Anliegens zu ueberzeugen, oeffnet er die Tuere und zeigt auf das dahinterstehende Prachtexemplar eines Surfgroopys. Der Twen schaemt sich ein bisschen vor mir, scheints, aber morgen reist sie doch ab und da bleibt doch nur noch heute nacht…

Bis 1.30 Uhr druecke ich mich in der Lobby vor dem Fernseher herum, dann kommt der Junge und bedankt sich. Als ich ins Zimmer hochgehe und das Licht nichtsahnend anknipse, liegt die junge Dame da wie Gott sie erschaffen hat, schlafend und der Junge grinst mich an, als wolle er mir sagen: Gut was?

Der Backpacker heisst “Beach Bums” und macht seinem Namen alle Ehre, nach Mitternacht sind alle schwer auf Schlagseite, Partymusik. Ich schlafe mit Papierstoepseln in den Ohren.

geschrieben am 14.3. in Port Edward


 


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