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Reisetagebuch

3/28/2005   Suedafrika / Bashee Bridge

Die Huendin

Unfreundliche Gesellen

(Harald) Das Camp leert sich rapide, die Ostertage sind vorbei, die suedafrikanischen Surfer reisen geschlossen ab.

Nachts hat es wieder geregnet, ich muss ein nasses Zelt einpacken. Mittags Ruecktransport nach Umtata mit Gavin, in Ultra Ciry nochmals ein Salat im Whistle Stop Cafe, dann, um 15 Uhr Weiterfahrt.

Die Landschaft ist fast baumlos, alles wurde abgeholzt, nichts wiederaufgeforstet. Die Transkei war bis 1994 ein sog. Homeland (Heimatland) oder auch "Bantustan" ( von der Stammesbezeichnung "Bantu" abgeleitet) genannt. Die weisse Regierung hatte die Xhosa und Mpondo durch eine Marionettenregierung eines ihr gefuegigen Koenigs in eine Scheinunabhaengigkeit entlassen. Dies trennte sie noch mehr von den benachbarten Zulus ab und erleichterte Pretoria die Kontrolle ueber die schwarze Bevoelkerungsmehrheit. Natuerlich wurde fuer das Bantustan keine Hilfe geleistet und auch heute, mehr als 10 Jahre nach der Reintegration der Transkei in den Staat, gilt die Transkei als das Armenhaus S.A.s.

Ich verlasse jetzt das Land der Mpondo, bin in Xhosa-Land. Bis zum Sonnenuntergang schaffe ich 50 km. Auf der Strasse ein angefahrener Hund. ich lege mein Rad ins Gras, knie mich zu dem sterbenden Tier, halte seinen Kopf in meinen beiden Haenden. Es ist eine junge Huendin, die vor kurzem geworfen hat, wie ich an den geschwollenen Zitzen erkennen kann. Ihr Rueckgrat ist vor dem Becken gebrochen, stumm versucht sie immer wieder aufzustehen, dann werden auch die Vorderlaeufe steif. Der fahrer hat natuerlich nicht angehalten, um sie wenigstens von der Strasse zu siehen und so wuerde sie, wie all die anderen Hundekadaver, einfach nach und nach zermatscht.

Leute kommen herbei, lachen, stossen angewidert den Hund mit den Schuhen an, froehliches Lachen ueber mich, ich sehe das deutlich. Wo ich denn herkomme- sprich: welche Nationalitaet verhaelt sich so seltsam und mag Hunde?

Hilfesuchend schaut mich die Huendin an, Unverstaendnis ueber das, was mit ihr geschieht, Angst im Blick. Ich frage nach einer Schusswaffe, nach einem Messer, um dem Tier das Leiden zu verkuerzen. Ein schneller Stich in den Kopfansatz im Nacken und es waere erloest. Aber niemand hilft, obwohl es genug Messer hier gibt. Man geht.

Ich schleife das Tier, dem Blut aus dem Maul rinnt, mit einem Nackengriff vom regennassen Asphalt, lege es ins huefthohe, weiche Gras 10 Meter neben der Strasse, das Tier atmet jetzt schwer und schnell, 20 Minuten hocke ich schon da, aber ich kann nicht laenger bleiben, muss einen Zeltplatz finden und lasse das Tier zurueck. Es hebt ein letztes mal den Kopf und seine Augen bitten mich: Hilf mir! und ich kann nichts tun.

Ich ueberwinde mein ungutes Gefuehl, was ich eigentlich nicht mehr machen wollte, und frage in einer kleinen Ortschaft nach einem Stellplatz fuer mein Zelt. Nein, Gelaechter, kein freundliches Wort, dort drueben soll ich fragen, auch dort kommt mir der Besitzer des Wohncompounds nicht entgegen. Ich schiebe mein Rad durchs Tor, ziehe meinen handschuh aus, um eine Hand zu schuetteln, aber es gibt kein "Welcome", nur die eher harsche Frage nach Woher und Wohin und dann beugt sich der Mann ploetzlich vor und meint in einem gereizten Ton "Mali, Mali"- Xhosa fuer "Geld"- und macht reibt dabei Daumen und Zeige- und Mittelfinger uebereinander. Ich bedanke mich und gehe, die Atmosphaere gefaellt mir ueberhaupt nicht. Ein Junge rennt mir nach, ich koenne ohne zu bezahlen bleiben, er macht mir nicht das Tor auf. Ich sage, dass der Mann nicht zufrieden sein wird, wenn er kein Geld bekommt. Aber der Junge insistiert, ich gehe zurueck. Das haette ich mir sparen koennen, denn binnen einer Minute sagt mir der Mann im Halbdunkel vor mir ich sei "fuckin stupid"- sowas wie "saubloed"- und will doch Geld. Angesichts einer solchen Aggression schlaegt mein Herz schneller, ich checke die Situation um mich herum ab. Da ist nur der Junge, der nicht den Eindruck macht, als wuerde er diesem Geldgeier helfen, ich sehe keine Waffe, aber ein Messer laesst sich immer verbergen. Ich gehe um das Rad herum, damit es zwischen uns ist, muss aber dem Kerl den Ruecken zudrehen, als ich zum Tor durch den Schlamm schiebe. "Oeffnen sie bitte das Tor." Jetzt gilts! Machen sie das Tor nicht auf, gehts los, ich bin bereit, keine Sekunde zu zoegern, Hitze steigt in mir auf, als keine Antwort kommt. Ich warte am Tor, ich kann foermlich fuehlen, wie der Geier die Situation abschaetzt, Einsatz, Aufwand, Risiko, dann etwas zu dem Jungen murmelt, ich unterbreche ihn, er solle jetzt das Tor oeffnen, der Junge loesst sich aus der Erstarrung und schliesst auf, ich schiebe hinaus, hinter mir erklingt hoehnisches Gelaechter, als ich bergab gleite, denn der Lehm ist glatt, dann auf der Strasse ein, zwei kilometer im Dunkeln fahre. Vor mir eine Warnblinkanlage, ich bleibe sofort stehen. Was ist, wenn mich ein Fahrer ueberholt hat und jetzt da auf mich wartet? ich hoere Stimmen, es sind zwei Autos, ich will kein Risiko eingehen, denke an die vielen Warnungen und schiebe schnell rechts der Strasse in eine Farmzufahrt, 100 m, dann in den Busch, 20 Meter. Hinter mir klappert das Tor, auh, verdammt! jemand hat mich gesehen und sperrt zu Ausfahrt zu. Ich mache die Kopflampe aus, hocke 20 Minuten mucksmaeuschenstill unter einem Busch, niemand kommt. Warten die anderen auf mein Licht, meine Geraeusche? Ich muss das Risiko jetzt eingehen und baue das Zelt auf. Niemand kommt, ich schalte meine innere Warnanlage ab und schlafe tief und gut.

geschrieben am 3.4. in Cintsa


 


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