5/4/2005 Suedafrika / Jefferys Bay
Jefferys Bay
Endlich weg
(Harald) Als ich mittags endlich losfahren kann, erhaelt gerade Monika, die verhinderte Schwiegermutter (Schweigemutter waere besser gewesen), den Hochzeitsring ihrer Tochter vom Braeutigam per Paketdienst zurueck. Der Mann will stattdessen zum dritten Mal seine Exfrau heiraten. Wohl bekomms! Richard, der Freund der Mutter und Monika selbst, kommen einzeln zu mir und fragen, ob ich nicht noch bleiben koenne. Richard meint, ich sei der Einzige, der hier vernuenftig sei und mit dem er reden koenne. Seine Frau sagt Saetze zu ihm wie: "Hoer auf Mama! Sei artig und hoere was ich sage." Fehlt nur noch, das sie ihn Vati nennt und er sie Mutti. Mit einem Stossseufzer lasse ich das Hostel hinter mir, froh, dass die Lederqueen nicht noch mal aufgetaucht ist. Ueberhaupt: mir liegen Abschiede nicht, haben mir noch nie gelegen. Nicht vornehmlich wegen der innewohnenden Traurigkeit, sondern der mir stets etwas peinlichen Abschiedsworte. Keiner weiss so recht, was er sagen soll und Gute Wuensche sind nett gemeint, helfen aber nicht wirklich, und wie man es mit mir meint, habe ich eh schon vorher festgestellt. Am liebsten verschwinde ich einfach ohne Tamtam. Regen droht zwar immer noch, aber jetzt halte mich keine 10 Pferde mehr. Ich steure auf die Autobahn N2 zu. Nachdem mich der erste LKW fast wieder angefahren hat, wechsle ich wieder auf die Gegenfahrbahn. Ein starker Gegenwind blaest mir entgegen und ich strample mir wieder mal einen ab. Die LKW verursachen Windwirbel, die mir flatternd und hart wie Bettlaken ins Gesicht knallen, Sand und Dreck pieksen mich, ich schliesse Augen und Mund, senke den Kopf tief ueber den Lenker um weniger Widerstand zu bieten. Trotzdem schwankt mein Lenker manchmal und ich bleibe fast stehen. Regenwolken ziehen in unwirklicher Geschwindigkeit nur 100-150 m ueber mir ueber den Himmel. Eine Bruecke ueber eine tiefe Schlucht, unten schlaengelt sich ein Baechlein durch das wuerfelige, helle Gestein, Arbeiter schleifen das Gelaender und winken mir zu. Hinter einem letzten Huegel breitet sich dann ploetzlich die Francis Bay aus, gross, blau, mit langen Wellenkaemmen und in der jetzt unter den Wolken tief auftauchenden Sonne leuchtet das Buschland in hellem Umbra vor dem Tiefblau der Regenwolken, die mich heute verschont haben: Postkartenstimmung. Nach 80 km und fast 6 Stunden erreiche ich Jeffreys Bay. Der Ferienort erstreckt sich etwa 8 km an der Kueste entlang und gilt als Surfer-Mekka. Es wimmelt von B+Bs, Hotels, Lodges, Restaurants und buntem Plastik-Strandzubehoer in den Auslagen wie in Zandvoort. Ich habe vor lauter Aufbruchfreude vergessen Monika die letzten beiden Naechte zu bezahlen und rufe sie an und gebe das Geld dem Fahrer des Baz-Bus mit. Diese pfiffige Busverbindung faehrt alle BP von Kapstadt bis Pretoria und Maputo an und ist das Richtige fuer Urlauber, die das riesige Land in drei Wochen sehen wollen, ohne dabei viel auszugeben. Der BP ist gross und gut belegt, ein Party-Bar-Etablissement mit einem 12-Mann-Dorm. Ich gehe im Dunkeln zum Strand, fernab des Laerms und setze mich dann an den gusseisernen Ofen in der Bar und denke an den Ofen in der Ost-Turkei, als mir die Haende fast abgefroren waren. Ich bin muede. Noch 670 km bis Kapstadt. geschrieben am 8.5. in Plettenberg Bay
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