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Reisetagebuch

5/5/2005   Suedafrika / Tsitsikamma Nationalpark

Kapstadthose und Sonnengoetter

Am Stormsriver

(Harald) Ich gehe zum Strand, um von dort den Sonnenaufgang anzuschauen. Der Sand ist feucht vom naechtlichen Tau, Moeven stehen bewegungslos und stumm auf dem Sand und schauen mir gelassen zu, wie ich mit meiner uebergrossen Anorakkapuze kaempfe, die mir ins Gesicht rutscht. Der kalte Wind blaeht die Jacke, laesst meine “Kapstadt-Hose” flattern, ein buntes Ding, dass ich 1998 dort gekauft habe und aus sentimentalen Gruenden wieder dorthin tragen werde.

Auf der gegenueberliegenden Seite der Bucht geht dann die Sonne auf; gleich mit grosser Kraft faehrt die Waerme der Strahlen in meine Kleider, vertreibt die Kaelte, es ist, als jubelten meine Haut und meine Muskeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass die einzigartige Sonne der erste Gott war, der hoechste, der verehrt wurde. Ueberall auf der Welt erleuchtete die Sonne, sie weckte auf, nahm der von den Tagwesen Menschen gefuerchteten Nacht den Schrecken, sie bot Orientierung und in Gegenden, in denen ein eisiger, laehmender Winter auf den Menschen lastete, kuendigte die Sonne das Ende der schweren Zeit an, schmolz das Eis, liess alles wachsen.

Ra (oder Re), einer der obersten Goetter der Aegypter wurde, wahrscheinlich der erste Monotheismus der Welt und der Pharao Echnaton erklaerte, es gaebe nur noch diesen einen Gott und er, Echnaton, sei dessen Sohn auf Erden. Die Story klingt, als haette sie die Juden waehrend ihrer aegyptischen Sklavenzeit inspiriert. Seine Frau Nofretiti, neben Hatchepsut die beruehmteste Pharaonin, musste auf Druck ihrer Priester den Glauben an den Einzigen Gott zwar wieder abschaffen, aber wie es so mit Worten nun einmal ist: einmal ausgesprochen, sind sie nicht mehr aus der Welt zu schaffen- die Idee, dass es nur eine Sonne und somit nur einen Gott gibt und beides, auch raeumlich, ueber allem thront, war geboren. Und auch heute verbinden wir Licht mit Erkenntnis, Erleuchtung, himmlischem Jenseits, mit allem Positiven- dabei vergessend, dass Luzifer Lichtbringer/-traeger bedeutet.

Jeffreys Bay liegt noch schlaefrig im roten Morgenlicht, ein ultramoderner Leuchtturm hat das Signalgeben eingestellt und steht wie ein zu gross geratenes Kunstwerk im Duenengruen und weit draussen auf dem glitzernden Meer zieht stumm ein Motorboot seine Runden.

Vergeblich halte ich Ausschau nach Delphinen. Dafuer robben “Hauruck-Schnecken”, wie ich sie mangels besseren Wissens nenne, zu meinen Fuessen flink durch den Sand, bizarre Muster von Trippelfuesschen wie die von Kaefern hinter sich lassend. Ich denke mir, dass dies die schnellsten Schnecken der Welt sind.

In der Gemeinschaftskueche bereite ich mir Kaffee und mein Fruehstueck, dann kurzer, erfolgloser EMail-Check. Mein Mailserver ist seit Wochen kaum noch zu oeffnen, weil hunderte von Spams und Virenmails ihn blockieren- die reinste Seuche. Mein Freund und technischer Adviser Thomas in Duesseldorf hat schliesslich alles geloescht und nur so ist mein Account wieder zu nutzen- aber alle Mails sind erstmal weg.

Ich kaufe Wasser, Saft und etwas zu Essen im Spar-Supermarkt, frage mehrmals Leute nach dem besten Weg. Hinter Jeffreys Bay beginnt die Garden Route, Suedafrikas beruehmtester Kuestenabschnitt.

20 km, Humansdorp. Ein gediegener Teegarten im mediterranen Stil mit gruener Pergola und grossem Terrakotta, alles sehr elegant. Im Laden davor riecht alles nach Blumen, zwischen rotbraun glaenzenden Antiquitaeten und eitel reflektierenden Silberwaren wandeln Kunden lautlos oder fluesternd ueber dicke Teppiche, ueber allem ein Nebel klassischer Musik. Zum Kuchen, gross und lecker, gibt es echte Sahne, wie bei Sue aus Bathurst, gekroent von einer roten Bluete, die man essen kann.

Ich reisse mich los. Vor mir liegt noch ein langer Weg.

Schwacher Wind, kuehl, wenig Wolken. Zwei Pausen. Endlos zieht sich die Strecke in einer schoenen Landschaft. Beidseits erst, dann nur noch rechter Hand Bergketten. Ringsum Finebos-Buschwerk und sogar Haine von Protea-Bueschen, der suedafrikanischen Nationalpflanze und Heidekraut, drei Meter hoch und rotbluehendes Gras wiegt sich zaertlich-sacht zur Windchoreografie.

Mehrere Schluchten, tief, steil, gruen, felsig auch. Ich halte inne, schaue landeinwaerts und zur Seeseite hinaus durch die engen Tiefen.

Nach ca. 110 km erreiche ich Stormsriver Village im Tsitsikamma-Nationalpark und beziehe ein Dorm im Tube n Axe BP.

geschrieben am 13.5. in Mosselbay


 


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