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Reisetagebuch

5/6/2005   Suedafrika / Plettenberg Bay

Ich bin in Afrika!

Bloukransriverbrueckenbunjeejump

(Harald) Dieser Backpacker liegt in einer rechteckigen Waldsiedlung, abgeschieden wie bei den Sieben Zwergen. Ein kuehler, dichter Dschungel, eine indigene Wildniss prallen Lebens. Es summt und flattert und zwitschert, die Feuchte dampft wie mein Atem. Tagsueber betraegt die Temparatur unter 15 Grad. Alle Aeste und Staemme sind mit fransigen, blassgruenen Flechten bewachsen, die Buesche bluehen jetzt im suedafrikanischen Herbst in allen Farben, Farne bedecken den Waldboden, Aloen, baumhoch manchmal, zeigen stolz ihre orangefarbenen Bluetenkerzen, Erika, bescheiden in feinem Violett und die Koenigin, die orangengrosse Proteabluete, zeigt sich elegant in Blasslila. Dazwischen spannen sich wie glitzernde Diademe taubenetzter Netze von schwarz-gelben Spinnen und meine Spezis, die Hadada-Ibisse, trompeten dazu triumphierend, waehrend andere gewissenhaft durch das Moor tapern, aus dem Froschmaennchen ihre Minnegesaenge ertoenen lassen, die wie das Aufeinanderschlagen von Rythmushoelzern klingen.

Hier gibt es keinen Eukalyptus, der ansonsten scheinbar in ganz Afrika die einheimischen Hoelzer ersetzt und zu den am hoechsten wachsenden Baeumen der Welt zaehlt- man hat schon Exemplare von ueber 140 m gefaellt! Baeume sind neben den Pilzen die groessten Lebewesen der Welt.

Das Wasser aus den Leitungen riecht nach Eisen- bis jetzt war mir garnicht klar, dass man es riechen kann. In den Baechen stroemt es rostig-braun wie Kaffee.

Ich genehmige mir, meinem knurrenden Magen folgend, ein opulentes Fruehstueck und sattle dann meine Rosinante, mit der ich mich im Laufe der Monate angefreundet habe.

Der Himmel droht mal wieder und ein scharfer Gegenwind laesst mich den Kopf senken und die Zaehne zusammenbeissen, so dass ich mich mehrfach innerlich aufrappeln muss den Kopf zu heben und Blicke auf die Landschaft zu werfen, die mir Bilder fuer meine Erinnerungen liefert, anstatt nur wie Sisyphos meine zwei Raeder den Berg hochzurollen.

Ich bin in Afrika! Viele Male ist mir dieser Satz durch den Kopf gegangen seit ich in Suez diesen Kontinent betreten habe. So viele Bilder blitzen auf, lebendig, tief versenkt und verankert in meiner Erinnerung. Ausser als 14-jaehriger in Tunesien, bin ich Afrika zuvor nicht begegnet.

Schlucht reiht sich jetzt an Schlucht, alle 10 km etwa, hier der Bobbejaan-, dann der Bloukrans-River, dessen ueber 200 m tiefe Schlucht eine moderne Beton-Bogenbruecke ueberspannt, von der Adrenalinsuechtige der Welt hoechsten Bunjeesprung machen koennen. 186 m soll es im freien Fall hinunter gehen, an einem fransigen Gummiseil, duenn wie ein Handgelenk. Das Ganze dauert nur ca. 3, 4 Sekunden, dann federt man drei- viermal kopfunter auf und ab und binnen 4-5 Minuten ist man wieder oben und sieht die Welt aus gewohnter Perspektive.

Ich gehe ins Buchungsbuero und frage nach Konditionen und habe den Vertrag vor mir liegen- seit 7 Jahren habe ich von diesem Sprung getraeumt, diesem Unsinn aus selbstmoerderischem Moment und Mutprobe. Als ich die Ausschlussklauseln lese, steht da u.a.: nicht moeglich bei Epilepsi, Herzproblemen und- Wirbelbeschwerden! Na, herzlichen Glueckwunsch, sie haben eine Baggerfahrt durch die Eifel gewonnen! Da das Seil nur an den Fussgelenken befestigt ist, liegt der ganze Zug des Oberkoerpers am Ruecken. Unwillig umkreise ich das Buero, laufe hier und dorthin, will es nicht wahrhaben, will das Risiko eingehen. Dann obsiegt die Vernunft, auch die 100 Euro Kosten beeindrucken. Ich fahre auf die Bruecke und beobachte fasziniert die deutschen Jungs, die da in der Tiefe entschwinden, bis man mich per Megaphon vertreibt.

Der Bloukrans markiert die Grenze der Provinzen Ost- und Westkap, in der auch Kapstadt liegt.

Tausende abgestorbener Kiefern beweisen, dass Baumsterben auch in Suedafrika kein Fremdwort ist.

Nach 65 km erreiche ich Plettenberg Bay, dass sich grosszuegig in einer Bucht ausbreitet. Im Touristeninformationsbuero fragt mich binnen drei Minuten der Manager, was ich von Hitler halte, waere doch ein grosser Mann gewesen der viel Gutes getan haette… Ich glaube nicht richtig gehoert zu haben. Was? Viel Gutes? Kommt jetzt wieder der Quatsch mit den Arbeitsplaetzen und den Autobahnen? Ich sage angriffslustig, dass ich diesen Geisteskranken..., aber ernte nur ein mildes Laecheln, als habe man meine Reaktion nicht nur vorhergesehen, sondern bedauere mich auch: armer Kerl, der nicht stolz auf seine Geschichte sein kann, oder so. Dann kommt ueblicherweise so was in der Art wie: Ja, sicher, manches war nicht in Ordnung, aber das mit den Juden stimme ja so nicht und im Krieg geschaehen eben schreckliche Dinge auf allen Seiten etc. Ich wechsle das Thema abrupt, es ist mir zu absurd, darueber zu diskutieren.

Der Backpacker (BP) ist ne Wucht: sauber, ruhig, mit allem Drum und Dran.

geschrieben am 13.5. in Mosselbay


 


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