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Reisetagebuch

5/16/2005   Suedafrika / Swellendam

Endlich, endlich Swellendam

Kampf gegen den Wind

(Harald) Ein koenigliches Fruehstueck in einem Pavillion bei klassischer Musik, jede Menge frisches Obst und Filterkaffee. Ich habe mich voellig an jede Art Kaffee gewoehnt, notwendigerweise an den ueblicherweise angebotenen Instantkaffee, aber so ein kraeftiger, aber koeffeinarmer, frisch gemahlener Arabica, saehmig-schaumig, mit heisser Milch, ist immer noch das Beste. Der beste Kaffee in Afrika kommt aus Aethiopien und Zimbabwe.

Heftiger, kuehler Gegenwind wieder mal. Ich fluche kraeftig, die Augen traenen trotz Sonnenbrille, die Nase laeuft; Zeigefinger auf einen Nasenfluegel gepresst, Windrichtung gepeilt, um ab gehts mit dem Augenwasser. Die Handschuhe haben extra eine weiche Stelle ueber dem Daumenansatz fuer den letzten Tropfen.

Die Wiesen sind gesprenkelt mit Straussen, auf manchen Farmen sehe ich 500 und mehr Tiere. Die Zuechter verkaufen neben dem Fleisch auch die Eierschalen, die in jeder Art Bemalung und Verzierung angeboten werden. Die groessten Eier der Tierwelt werden bis 20 cm lang und wiegen bis 1,8 kg- etwa Groesse und Gewicht einer mittelgrossen Kokusnuss. Der Inhalt eines Strausseneis entspricht ungefaehr dem von 25 Huehnereiern.

Legendaer ist die Kraft der Beine dieser Voegel. Selbst erwachsenen Maenner koennen auf einem Strauss reiten. Bis zu 65 km/h erreichen die Tiere in vollem Sprint und sind somit vor Loewen und Leoparden sicher, sofern sie aufpassen. Einem Geparden koennen sie zwar nicht davonlaufen, aber mit ihren drei fingerlangen Krallen und einer unglaublichen Trittkraft wuerden sie einer Katze den Wanst aufreissen. Groesse hat in diesem Fall enorme Vorteil. Ihr wunder Punkt sind die Gelege. Da sie ihre Nester am Boden anlegen, sind die Eier ungeschuetzt, ungetarnt seltsamerweise. Kleinere Gebisse koennen den Eiern nichts anhaben, aber grosse Katzen und Tiere mit kraeftigen Krallen koennen sie zerbrechen. Die leeren Schalen fuehlen sich an und klingen wie Porzellan.

Straussenfleisch ist mager und cholesterinarm und in S.A. wird es ueberall als Steak, Wurst und Biltong, also Doerrfleisch angeboten.

Ich radle wie stets gegen den Verkehr, der Wind rauscht in meinen Ohren, der Blick ist auf die ersten 2, 3 Meter vor dem Vorderrad konzentriert, als ein PKW ploetzlich auf mich zulenkt. Ich schaue dem farbigen Fahrer direkt ins unbewegliche Gesicht, er hat das Steuer richtig herumgerissen, wechselt extra von der Innen- auf die Aussenspur um mich zu aengstigen. Ein Feigling, wie alle anderen auch. Stets haben diese Fahrer vorher gecheckt, ob sie auf Sichtweite alleine sind, dass beobachte ich immer wieder. Und ich bin auch alleine, sonst wuerde das wohl nicht passieren. Ich fuehle mich dann stets so, als ob Einer vor mir stuende und andeutete, er wuerde mich ins Gesicht schlagen wollen. Empoerung durchflutet mich, ohnmaechtig schaue ich diesen Frustrierten hinterher: Wenn ich dich jetzt erwischen koennte! Ich habe mir oft vorgestellt, was ich machen wuerde, wenn ich so einen Mistkerl an der naechsten Tankstelle wiedersaehe. Aber das ist noch nie passiert.

Gleichzeitig sage ich mir zum zigsten Mal, dass ich nicht persoenlich gemeint bin, sondern “Die Weissen” in diesem Land. Und das der Aerger mir nur den Tag versaut, mich versauert. Also fluche ich laut und kraeftig, atme tief durch, trete 1, 2 km in die Pedale und dann ists ausgestanden.

Eine halbe Stunde spaeter ist es die erste Frau, eine Weisse, die mich aufs Korn nimmt. Sie ist erst die dritte weisse Person, die dieses Verhalten zeigt.

Und 100 m weiter winken mir freundlich wieder die Leute zu und ich winke zurueck. Das Leben geht weiter, die meisten sind nett. Man muss sich aufrappeln, sich nicht frustrieren lassen, sein Herz nicht verschliessen lassen, rufe ich mir immer wieder ins Gedaechtnis.

Viele Fahrer hupen, winken, heben den Daumen, lachen, winkende Arme aus Autofenstern. Jeder am Strassenrand gibt freundlich Auskunft.

Es wird am Ende eine furchtbare Quaelerei gegen den Wind, der mir mit Wucht entgegenstroemt, wie ich sie selten in den letzten 34 Monaten erlebt habe. Das erinnert mich an die Osttuerkei oder die Westkueste des Sinai.

Ich muss auf den letzten 10 km bei den geringsten Steigungen absteigen, schieben, nichts geht mehr. Ich keuche, meine Beine sind muede, Heiligs Blechle, das nimmt kein Ende, die Boeen legen mich schraeg ueber das Rad.

Endlich, endlich- Swellendam! Ich radle im Dunkeln durch die Stadt vor hohen, schwarzen Bergen, Scheinwerfer blenden mich, fast 1 Std. suche ich den BP. Dort erwartet mich ein Kaminfeuer und ein Dormbett.

In den Bergen, sagt man mir hier, hat der Wind heute viele Baeume entwurzelt.

geschrieben am 22.5. in Bettys Bay


 


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