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Reisetagebuch

5/28/2005   Suedafrika / Simonstown

Fahrt zum Cape Point / Wie gehts weiter?

Am Ende der Welt

(Harald) Es regnet jeden Tag am Kap. Ich sehe morgens stets als Erstes sehnsuechtig auf den Tafelberg, der sich gleich hinter der Deco-Lodge, nur 2 km entfernt, steil erhebt. Und auch heute wieder: Wolken, die wie eine graue Decke ueber der Stadt haengen und keinen Blick auf die Gipfel erlauben.

Aber heute morgen regnet es sehr wenig und ich schwinge mich kurz nach 11 Uhr aufs Rad und radle Richtung Cape Point, dem aeussersten Zipfel der Halbinsel.

Hannele, die kleine, blasse Frau, die so verletzlich und hilflos wirkt und stets halb betaeubt, ist heute wieder verwirrt. Das Seelchen macht sich Sorgen um jeden- nur nicht um sich selbst. Hannes, schwul, wie alle Maenner hier und vor allem sein sog. Manager, verletzen sie oft verbal, was mich fast koerperlich schmerzt und dazu fuehrte, dass mir gestern der Kragen platzte. Der Manager ist eine echte Tunte, die alles schlimmer darstellt, als es ist und Hannele fuer sich zum Einkaufen schickt, um Bier zu holen, und sich dauernd Geld von ihr leiht, dass er dann nicht zurueckzahlt. Seit ich ihm die Meinung geblasen habe, ist Funkstille- was mir recht ist.

Nachts kommt schon mal einer der Freunde der Maenner zum Schlafen ins Dorm. Heute nacht musste ich einen wecken, weil er derart laut und entsetzlich im Schlaf redete, von Mord und Gewalt traeumte. Er bedankte sich hernach mehrmals bei mir, weil ich ihn geweckt hatte. Seine Alptraeume bezogen sich auf einen Ueberfall und seine Arbeitsstelle.

Die Arbeitsbedingungen sind in S.A. fuer viele kein Zuckerschlecken. Die Frauen klagen ueber dauernde sexuelle Belaestigungen, die schon beim Einstellungsgespraech losgehen: "Falls sie den Job haben wollen, sollten wir ein Arrangement treffen..." Vergewaltigungen in Behoerden, Schulen, der Armee etc. sind haeufig und gelten vielen als Kavaliersdelikt. Die Loehne sind oft niedrig, Kuendigungsfristen laecherlich, der Umgangston ruede- es gibt genug Bewerber fuer jede Arbeit, die Arbeitgeber sitzen am langen Hebel.

Ich fahre durch das Zentrum der Stadt, zwischen den Hochhaustuermen hindurch, dann biege ich rechts ab, Richtung Kueste, durch Sea Point und Green Point, um den Signal Hill herum und hinter den Lions Head. Villen, in den steilen Fels gebaut, jeden qm nutzend, Apartmenthaeuser en masse, meist leerstehend, Hotels der Luxusklasse mit livrierten Parkplatzwaechtern und Drehttuerhaltern, hier wimmelt es von teuren Autos, Ferraris, Porsche und BMW-Zs roehren mit irrwitziger Geschwindigkeit durch die engen Kurven- auch eine Form von Landschaftsgenuss.

Ich bleib immer wieder stehen, geniesse die atemberaubenden Ausblicke. 50, 100 m unter mir die See, weiss-gischtig an den dunklen Felsen, tiefblau in der Ferne, wo Sonnenstrahlen sich auf den Wellen spiegeln, vor mir helle, feinsandige Straende, schmucke, weisse Haeuser, gruene Berghaenge, die sich immer wieder ruckartig ins Meer vorwagen, steil, und linker Hand das Tafelbergmassiv, dass sich oben in den eilenden Wolken verliert.

Simonstown- ich war vor ein paar Tagen schon auf dem Rad hier, ueber die Strasse auf der anderen Seite des Lions Head entlang- ich hab immer noch Spass am Radfahren.

Dann Llandandu und Sandy Beach- hier war ich 1998 zum Sonnenunterganggucken- dann Hout Bay mit seinem kleinen Hafen und Strand. Dann der spektakulaere Chapmans Peak Drive. Diese Traumstrasse windet sich jetzt eng durch den Felshang, gegen Steinschlag durch Fangzaeune gesichert, schliesslich mit Beton ueberdacht. Die Abholzung hat zur zunehmenden Erosion gefuehrt und die hoeheren Instandsetzungskosten laesst sich der Staat jetzt mit einer Strassengebuehr bezahlen- natuerlich nicht fuer Radfahrer faellig.

Was fuer Aussichten! Buchten, Straende, die Strasse durchbricht zweimal sogar den Fels und man faehrt hinter denselben durch.

Es beginnt wieder zu regnen. Heiligs Blechle! Die Wolken haengen auf 200, 300 m. Als ich ueber einen kleinen Pass nach Fish Hoek fahre, bin ich in den Wolken.

Begabfahrt. Ein grosses Pavianmaennchen sitzt auf der Leitplanke, als sei es ein Anhalter. Ich halte nur 5 m neben ihm. Der Silberruecken ist ganz relaxt, ringsum roehrt seine Horde in den Haengen. Ich setze mich neben ihn, mit gesenktem Kopf, aber ich schaue ihn an und so sitzen wir eine Weile still nebeneinander, bis er sich, nach ein paar indirekten Seitenblicken, gelassen von dannen macht.

Die Peninsula ist erst seit 80 Jahren richtig besiedelt, weil der Strassenbau so aufwaendig war. Aber der Leuchtturm am Cape Point musste gut erreichbar sein und die Halbinsel bot optimale Sicherheit.

Pause. Heisser Kakao, Appeltart mit echter Sahne- in solchen Dingen ist Suedafrika unschlagbar.

An der Kueste entlang nach Simonstown, letzter Ort vor Cape Point. Die Kueste ist hier seit Jahrhunderten gespickt mit Schiffswracks: Die "Katwyk An Rhyn" und die "Lucia Emerentia" ereilte das Schicksal 1786, ebenso die "Holland", 1792 "Die Gebroeders", 1806 "HNSM Beito", 1862 "Parama", 1917 die "SS Clan Stuart", 1970 "Shir Yib", 1980 "Flamco" und "Carey Lee", 2000 die "Trawler" und zuletzt 2001 die "Ikau Tauda".

Es regnet jetzt richtig und es macht keinen Sinn, jetzt noch 25 km weiter zu fahren, weshalb ich mich im oertlichen Backpacker einquartiere.

Ich habe mir ueberlegt, wie es jetzt weitergehen soll. Die Reise ist ja hier noch nicht zu Ende und das Tagebuch wird von mir aktualisiert bis ich in Deutschland bin.

Zunaechst fahre ich bald zurueck nach Pretoria, wo mich Christina erwartet. Wir haben uns in Plettenberg kennengelernt, wo wir mit ihrer Mutter zusammen die dortige Halbinsel erwandert haben. Seitdem stehen wir in Mailkontakt und wollen uns wiedertreffen.

Danach werde ich auf dem Rad entweder von Pietersburg nach Tete (Mosambik), oder von Maputo nach Tete radeln. Der Schreck von Johannesburg ist verflogen und diese "Luecke" moechte ich noch radelnd fuellen.

Danach will ich mit Kleinbussen ruckweise durch Mosambik, Malawi und Tansania nach Nairobi fahren, um ein paar der bei dem Ueberfall saemtlich verlorenen Fotos nachzuholen. Danach stehen evtl. Bahir Dahr und Italien auf dem Programm, wo ich die Adoptivkinder wiedersehen moechte. Seit August 2004 stehe ich in Verbindung mit der Adoptivfamilie von Eyerusalem und Bethelihem in Venedig und in Bahir Dahr sind Andargatschu und Molugetta, die dort ein neues Zuhause bekommen sollen.

Im August-jetziger Stand- bin ich dann wieder in Krefeld.

So weit, so gut.

Begleitet mich noch den Rest des Weges. Wer eine Einladung zu einer evtl. geplanten Feier nach meiner Rueckkehr haben moechte, bei der ich die vielen, mir unbekannten Mailschreiber kennenlernen moechte, sollte mir eine kurze Mail schreiben.

geschrieben am 14.6. in Pretoria


 


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