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Reisetagebuch

6/3/2005   Suedafrika / Kapstadt

Besuch bei HOKISA

Im Township Masiphumelele

(Harald) Ich setze mich am Hauptbahnhof in den Zug und fahre bis zur Kleinstadt Fishhouk auf die Kap-Halbinsel. Von dort geht es mit einem Minibus weiter bis Masiphumelele, einem Township. (Townships gibt es unter diesem Namen nur in Suedafrika und Zimbabwe. Es sind die Wohngebiete der Schwarzen, die ihre Doerfer verlassen haben und in die Naehe der Staedte zogen. Viele bestehen auch heute noch aus wenig mehr, als Verschlaegen aus Holzresten, Plastikplanen und Wellblech. Die Regierung hat jedoch in den letzten 10 Jahren Anstrengungen unternommen, durch Versorgung mit Elektrizitaet und Trinkwasser, spwoe durch Strassenbau etc. die Lage in diesen, oft riesigen Wohngebieten zu verbessern. Viele solcher Slums wurden abgerissen und dafuer neue Siedlungen aus kleinen, einfachen, bunten Haeusern gebaut.)

Das kleine HOKISA-( HOme for KIds in South Africa)Haus liegt mitten im Township. Mir faellt die Freundlichkeit auf, mit der mir die Leute auf der Strasse begegnen.

In einem kleinen Huetten-Laden kaufe ich eine grosse Tuete voll Bonbons, Lutschern und Kekse und als ich antworte, ich besuchte das HOKISA-Haus, strahlt mich der junge Ladeninhaber an. Die Einrichtung ist bekannt und ihre Arbeit wird offensichtlich geschaetzt.

Im Haus begruesst mich Frau Karin Chubb, die diese Einrichtung gemeinsam mit dem Schriftsteller Lutz Van Dijk vor zweieinhalb Jahren gegruendet hat. Ich bin ueberrascht, wie klein das Haus ist. Hier werden 16 Kinder von 8 Mitarbeitern betreut. Die meisten Kinder sind da, spielen mit einem Betreuer namens Lungelo, 26, der als Manager taetig ist. In der offenen Kueche wird gerade von zwei Frauen gekocht. Es gibt ein kleines Buero, zwei Schlafraeume und einen Raum fuer die Medikamente.

Einige der Kinder sind HIV-poitiv und benoetigen zweimal taeglich antiretrovirale Mittel in Tropfenform. Um das Immunsystem zu staerken, wird neben einer speziellen Diaet auch Mulivitamin-Sirup gegeben. Oft brauchen die Kinder auch Mittel gegen Fieber, Erbrechen und Durchfall, sowie Pilzbefall, wie er auch bei Patienten auftritt, die sich einer Chemotherapie unterziehen.

Frau Chubb konnte den Kindern dann auch nur ein paar der von mir mitgebrachten Kekse erlauben, was meinem Kontakt mit den Kindern keinen Abbruch tat. 7 der Betreuten sind Kleinkinder und eines wollte gerne, dass ich seine Beule streichle, die er sich am Hinterkopf zugezogen hatte und kam ein dutzend Male immer wieder zu mir und liess sich verwoehnen.

Die Kinder fuehlen sich, trotz ihrer meist traumatischen Vorgeschichten von Misshandlungen, Vernachlaessigung und Krankheit, bei HOKISA offensichtlich sehr wohl. Sie sind ungezwungen, vertrauensvoll, heiter.

"Die Kinder sollen jedmoeglichen Kontakt mit ihren verbliebenen Verwandten bewahren, dass ist uns wichtig." Frau Chubb nahm den 2-jaehrigen Ajaka auf den Arm und knuddelte und kuesste ihn. "Dieser suesse Fratz wuerde ohne Medikamente gar nicht mehr leben."

Das Verhaeltnis von 1 Betreuer fuer 2 Kinder ist notwenig, weil die Betreuung 24 Std. stattfindet und wg. der koerperlichen und psychischen Probleme sehr intensiv ist.

Die medikamentoese Versorgung wird durch den Verein ACTION-MEDEOR aus St. Toenis durchgefuehrt, die medizinischen Behandlungen leistet der Arzt Dr. Peter Jacka in einer kleinen, nebenan gelegenen Praxis, unentgeldlich, der in seinem Behandlungsraum im Dezember 2004 bei einem Ueberfall angeschossen wurde. Ich bewundere den Mut dieses Mannes, der, obwohl der Taeter nie gefasst wurde (gleichwohl seine Identitaet bekannt ist), an selber Stelle weiterarbeitet.

Der kleine Ajaka hat Probleme mit den Mittelohren. Sie waren so oft entzuendet, dass sie poroes wurden und er jetzt nicht mehr schwimmen gehen kann.

Als ich am Spieltisch sitze, umlagern mich die Kinder. Da sind der fuenfjaehrige Lohlo, Pummla 3, Temmi 4, Andele 6 und Dschemba, was "Hoffnung" auf Xhosa heisst, die mit anderthalb Jahren noch nicht krabbelte und sprach und jetzt einen voellig normalen Eindruck macht. Alle sprechen ausschliesslich Xhosa. "Wir wollen, dass die Kinder zuerst ihre Muttersprache beherrschen", sagt mir Frau Chubb.

Sie und Herr Van Dijk arbeiten ehrenamtlich- alle Kosten, die durch Telefon, Post und Kommunikation entstehen, tragen sie privat, so dass keinerlei Verwaltungskosten entstehen und jeder Euro in die Einrichtung fliesst. Man fuehrt auch Beratungen ueber AIDS im Township durch. "AIDS ist leider immer noch ein Tabuthema", sagt Frau Chubb. Deshalb darf ich auch keine Fotos der Kindergesichter machen- man will eine Stigmatisierung vermeiden.

Als ich draussen im Township Fotos mache, begnet man mir offen und froehlich, jeder stellt sich gleich in Positur, ja, man bittet mich sogar um ein Foto. Zwischen bunter Waesche, aengstlichen Hunden, qualmenden Strassengrills, wo ich ein Ziegensteak in Zeitungspapier gewickelt kaufe, stets ein Lachen von irgendwoher im Ohr, bekomme ich eine Ahnung, warum viele Menschen aus ihren Townships gar nicht wegwollen: es ist geliebte Heimat, wie sie es fuer die Fabrik- und Zechenarbeiter in den "Ruhrpott-Arbeitersiedlungen" auch war.

Frau Chubb faehrt mich durch die wunderschoenen Berge zurueck nach Kapstadt und wir sprechen ueber das neue Suedafrika, Hoffnung und Frustrationen, die unvermeidlich sind. Und wir sind uns einig: es geht nur nach vorn. Ein zweites HOKISA-Haus wird gerade gebaut und wenn ich sehe, wie gut es den Kindern dort geht, dann verstehe ich, warum Frau Chubb sagt: "Diese Kinder haben es immer noch schwer, aber sie sind jetzt keine Opfer mehr."

Und deshalb bitte ich die Leser herzlich, dieses Projekt mit einer Spende oder Patenschaft zu unterstuetzen. Eure Hilfe gibt meinem Projekt Sinn und ich verstehe sie als Dank fuer meine Muehe.

geschrieben am 22.6. in Pretoria


 

 

 

 


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