6/19/2005 Suedafrika / Pretoria
Ndebele-Dorf
Besuch bei einem farbfreudigen Volk
(Harald) Im Haus laeuft eine kleine, gescheckte Terrierdame namens Daisy herum, stets zitternd, aber still. Beim Fruehstueck auf der sonnigen Terrasse sind wir von allerlei Gefiedertem umflogen. Die Voegel duschen foermlich in der Gartenbewaesserung. Da sind Sunbirds, uebersetzt "Sonnenvoegel", die Blueten nektar mit einem duennen, gebogenen Schnabel saugen und deren Federkleid im Sonnenlicht gruen glaenzt, sie sehen wie Kolibris aus. Und die Hadada-Ibisse, deren schlichtes, uni-umbrafarbenes Gefieder aussen im Sonnenschein ploetzlich gruen schimmert und unter den Fluegeln altrosa und die stets die lautesten sind mit ihrem Trompeten. Da sind die blauschimmernden Glanzstare mit gelben Augenringen und ihre nahen Verwandten, Braunspitzenstare, deren Fluegelunterseiten in Cognac leuchten, da sind Rotaugentauben, deren Gurren fuer mich ebenfalls fuer immer mit Afrika verbunden sein wird. Und die Roller, bunt mit schwarzen, roten und gelben Federn und v.a.m. Nahe den Fuessen huschen braun-schwarz glaenzende Eidechsen ueber die Baumstuempfe und Treppenabsaetze, viele Weibchen zu dieser Zeit traechtig. Und winzige Taggeckos, gruen-braun, mit runden Zehen. Wir fahren Richtung Norden durch die schier endlosen Townships. An den Stopkreuzungen bieten junge Maenner Orangen in Obstkartons an oder in Netzen, ueberall sitzen die Mamas unter zerfetzten Sonnenschirmen am Strassenrand auf Getraenkekisten oder zerbrochenen Stuehlen und offerieren Obst und Kekse, Bonbons und Zigaretten. Die Townships gehen fast ineinander ueber, eine Orientierung ist schwierig. Zu 90 % sind es buntgestrichene, kleine Haeuschen mit Wellblechdaechern und manchmal kleinen Kraeutergaerten, der Rest sind Verschlaege aus rostigem Wellblech und Holzbrettern, manchmal selbst die bunt gestrichen. Die Kinder spielen mit Reifen, selbstgebastelten Baellen aus Plastik und Stoff und Drahtautos, Muetter tragen in dicken Decken ihre Juengsten auf dem Ruecken, die Koepfchen schwanken manchmal hin und her, aber nie sieht man so ein eingewickeltes Kind weinen. Ueber der ganzen Gegend liegt ein hellgrauer Schleier unzaehliger Feuer, denn hier wird mit Holz und Kohlen geheizt und der schwache Wind traegt die Dunstglocke nicht weg. Gefahren wird mit vollem Risiko- man kennt das ja schon. Da wird geschnitten und gedraengelt, Fussgaenger muessen die Keulen schwingen, um zu entkommen, wenn sie die Strassenseite wechseln, durchgezogene Linien beachtet sowieso niemand. Wir erreichen nach einer Std. Suchen das Touristendorf der Ndebele. Man zahlt einen Eintritt und ist in einem Zwei-Strassen-Dorf mit etwa 40 Huetten. Die Ndebele sind eine Ethnie der Bantustaemme, die weltweit fuer ihre bunten, meist abstarkten Muster sind. Die Rundhuetten mit Schilfdaechern und die rechteckigen Lehmhaeuser sind mit geometrischen Malereien versehen, die Frauen tragen z.T. noch blaue Decken und einige Perlenkopfschmuck und Arm- und Halsbaender. Wir haben grosses Glueck, denn heute ist einer der Beschneidungsfesttage. Die Muetter der Jungs, die draussen im Busch zu Maennern ausgebildet und jetzt beschnitten werden, feiern dieses grosse Ereignis mit Gesaengen, Taenzen und gutem Essen. Wir setzen uns- pole, pole- einfach vor eine der Haeuser, in deren Innenhof die Frauen feiern, waehrend die Maenner draussen unter einem der Dorfplatzbaeume warten. Man bietet uns, wie es Sitte ist, wenn man einen Besuch abstattet, Pap an, weissen Maisbrei mit fritiertem Huehnchen und Kohl und Piri-Piri-Sosse, eine scharfe Wuerze. Wir nippen am selbstgebrauten, hefigen Sorghum-Bier, einem etwa 3 Tage gegorenen Gebraeu mit geringem Alkoholgehalt. Trotzdem sind viele Maenner und Frauen schwer angeschlagen, aber freundlich. Da kaum jemand Englisch spricht, ist die Konversation mehr auf gutem Willen als auf Inhalt angelegt. Nach ein paar Stunden gebe ich ein Geschenk fuer die Wirtin: 20 Rand. Die Frau jubelt, laeuft nach vorne und zeigt allen Gaesten stolz mein Geschenk, kuesst den Geldschein und bedankt sich ueberschwenglich. Geld ist das beste Geschenk, hat den hoechsten Wert, Geldgeschenke haben hier nichtg den Geruch der Einfallslosigkeit. Wir fuehlen uns in den Townships voellig sicher, ueberall eine normale Stimmung, Hilfsbereitschaft. Ich sehe keine verstohlenen oder gierigen Blicke. Es wird sie geben, aber sie begegnen uns nicht. Irgendwie aergert mich diese Bezeichnung "Townships", denn diese Abgrenzung gibt es sonst in Afrika nicht und ist ein Relikt der Apartheidzeit, in denen die Weissen in "Staedten" und die Schwarzen in "Doerfern" oder eben "Townships" lebten- die Bezeichnung "Staedte" schienen diese oft gewaltigen Siedlungen nicht verdient zu haben. Die Schwarzen benutzen den Begriff jedoch selbst- ob aus Stolz, aus Trotz und Abgrenzungswillen, oder aus Desinteresse, scheint von Fall zu Fall verschieden. Wir gehen abends ins Kino oder sitzen in den Gartenlokalen, trotz der abendlichen Kuehle, den mit Elektrooefen wird den Gaesten "eingeheizt". Und es faellt nicht eintropfen Regen. geschrieben am 28.6. in Pretoria
|