Home Page english version deutsche Version

  Worum es geht...
  Highlights der Reise
  Ueber Harald Radtke
  Zeitungsartikel

  Tagebuch (952 Eintr.)
  Lesermeinungen
  Leseproben
  Reiseroute
  News Archiv

  Pamphlet zur Faulheit

  Laenderinformationen
  Literatur

  Kontaktformular
  Mediainfo/Fotos
  Impressum


Reisetagebuch

7/6/2005   Zimbabwe / bei Chimolo, ca. 35 km vor Bubi

Mission Zimpossible?

Ins Land des Drachen

(Harald) Morgens der Genuss einer warmen Dusche. Durch den wiederholten Entzug dieser Annehmlichkeit wird einem der Wert immer wieder bewusst.

Meine seit zwei Tagen andauernden Kopfschmerzen sind weg. Immer wieder habe ich meinen Koerper in Afrika “arbeiten” gefuehlt: geschwollene Schleimhaeute, traenende Augen, rumorende Innereien, Gliederschmerzen u.ae. Nicht immer wurde daraus eine vollstaendige Krankheit, aber in Deutschland ist mir mein Koerper nie so bewusst gewesen, weil er sich nicht staendig meldete. Das Immunsystem bekaempft dauernd irgendetwas und stets erfolgreich.

Ich lasse in einer Werkstatt die Bremsen und Gaenge reparieren und dann gehts mit einem Minibus Richtung Grenze, nach Beitbridge. Der kleine Grenzort, 20 km noerdlich von Musina, ist nach den deutschen Bruedern Alfred und Otto Beit benannt, fruehe und reiche Siedler, die in S.A. eine Stiftung finanziert haben.

Ich lasse mich genau an der Stelle absetzen, an der ich gestern zu Radeln aufgehoert habe und fahre bis zur Grenze mit dem Rad.

Es ist trocken, das Gras ist beidseits der Strasse entweder abgebrannt oder vertrocknet. Die Grenze entspricht dem Verlauf des Limpopo-Flusses, der weit im Osten in Mosambik in den Indischen Ozean muendet. Der Limpopo ist bis weit nach Zimbabwe hinein der letzte, ganzjaehrig wasserfuehrende Fluss.

Auf der S.A. Seite der Ausreisestempel, dann 200 Rand fuer das zimbabwische Visum, etwa 25 EU.

Mir ist diese Grenze ja vertraut, da ich hier im Dezember aus der Gegenrichtung im LKW kam.

Die S.A.Banken handeln nicht mit der zimbabwischen Waehrung, dem Zimbabwean Dollar, weil diese Waehrung seit 1980 eine hohe Inflationsrate aufweist. Wie Idi Amen seinerzeit in Uganda, versucht auch das Regime Mugabe durch das Drucken von Geld das Problem zu loesen- was die Inflation nur weiter anheizt. Zeitweise lag sie bei rekordverdaechtigen 650 % (d.h., jeden Monat wurden alle Produkte um die Haelfte teurer!), im Herbst 2004 noch bei 250 %.

Zimbabwe war vor 1980, dem Jahr der ersten Regierungsuebernahme einer indigenen Mehrheit unter Robert Mugabe, als der “Brotkorb des suedlichen Afrikas” bekannt. Der Staat war fuer afrikanische Verhaeltnisse wohlhabend, die Schulbildung bekanntermassen gut.

Auf der zimbabwischen Seite steuere ich das “Spur”-Restaurant an um am Salatbuffett zu schwelgen. Aber die hiesige Filiale des in S.A. so erfolgreichen Franchiseunternehmens, hat vor einem Monat die Tore geschlossen. Ich fahre zu einer Bank, aber die hat schon frueh am Nachmittag geschlossen. Ich muss Geld tauschen, erfahre aber durch Herumfragen, dass dies sinnlos ist, denn die zimbabwischen Banken bekommen ihren Wechselkurs durch die Regierung vorgegeben. Das bedeutet, dass man fuer einen Rand offiziell bei allen Banken und Wechselstuben etwa 1100 ZWD (Zim.Dollars) bekommt, auf dem Schwarzmarkt jedoch 3200, also das Dreifache! Sowas habe ich noch nirgendwo erlebt.

Bei einem der wenigen jungen Wechslern, die auf Durchreisende neben der Strasse warten, tausche ich um und bin auf einen Schlag Dollarmillionaer. Der Mann ist bei der Aktion sichtbar nervoes, laesst mich sogar fuer Minuten mit seinen Millionen alleine.

An der BP-Tankstelle Autoschlangen von mehr als 100 Fz, die auf Benzin und Diesel warten. Ich habe auch soetwas noch nirgendwo gesehen. Die Staatskrise hat zu einer drastischen Knappheit an Treibstoff gefuehrt, weil dieser, da importiert, mit auslaendischer Waehrung bezahlt werden muss und da der Aussenhandel und Tourismus des Landes zusammengebrochen ist, gibt es fremde Waehrungen kaum mehr im Land.

Ich steuere eine Shell-Tankstelle mit einem “Wimpy”-Fast-Food-Restaurant an. Hier gibt es ueberhaupt kein Benzin und von daher auch keine Warteschlange. Nach dem Essen stelle ich fest, dass ich meine Lederhandschuhe unterwegs verloren habe und radle zurueck, finde die durch LKW-Reifen durchgewalkten Handschuhe wieder. Bis Harare, 600 km von hier, koennte ich wahrscheinlich keine neuen kaufen.

Ich radle heute noch 40 km in den vom Tag verbliebenen 3 Std. Wind aus 12-15 Uhr. Ich gebe Zim (Abkuerzung in S.A. fuer Zimbabwe, Zambia heisst “Zam”, South Afrika heisst in Zim einfach “South” und Botswana “Bots”) eine Chance- heisst: ich fahre links, den Verkehr im Ruecken.

Gleich hinter der Grenze zweigt Richtung Westen die Teerstr. nach Bulawayo ab, Zims zweitgroesster Stadt, dann geht es durch eine flache Buschlandschaft weiter. Es herrscht wenig Verkehr, obwohl dies die Hauptachse des gesamten Handels ist, der vom wichtigsten Handelspartner S.A. nach Zam und Malawi fuehrt.

Die Gegend ist abgelegen, wirkt wie verlassen. Einzelne, kleine Doerfer aus Rundlehmhuetten mit Strohdaechern, ein paar Ziegen und Schafe, hie und da Kuehe mit Glocken und Esel, unbewacht. Das waere z.B. im Nomadenland Nordkenias unmoeglich wg. des staendigen Viehdiebstahls.

Die Erde ist rot, ueberall stehen Baobabs, der charakteristischste Baum den ich mir vorstellen kann, echte Persoenlichkeiten.

Die Leute scheinen freundlich, gruessen winkend, auch die Kinder. Als die Sonne untergeht warte ich einen Moment ab, in dem in beiden Richtungen kein Auto zu sehen ist und schiebe das Rad dann am Fuss eines steinigen Huegels schnell zwischen den Akazienbueschen hindurch 100 m durch den sandigen Untergrund und ebne die Flaeche, die ich zum Zeltplatz erkoren habe. Ich habe mich richtig aufs Zelten gefreut, alleine hier draussen in der Stille, die nur durch Kuhglockengelaeut und leises Muhen und das Rauschen des Windes in den fast kahlen Aesten unterbrochen wird.

Dann, im letzten Grau des Tages, jaulen die Schakale um mich herum im Chor und ich denke an Israel und daran, wie Kari immer gebannt lauschte, wenn die Schakale ihr Lied anstimmten, als besaenne sie sich auf etwas tief in ihr drin, verschuettet, aber nicht verloren.

Das Gras ist abgefressen und die kurzen Resthalme sind so hart, dass sie durch den Zeltboden und die Schlafmatte stechen. Ich stehe nochmals auf und reisse sie einzeln aus, dann esse ich ein paar Kekse und trinke Wasser, lese im Zelt mit der Kopflampe. Im Zeltdach sind zwei dreieckige Lueftungsnetze und so kann ich die Sterne vor dem Einschlafen sehen, die Milchstrasse wie eine Wolke, eine Eule fliegt lautlos ueber das Zelt, ein Truck brummt vorbei, ein Nachtvogel singt und mir fallen die Augen zu…

geschrieben am 6.8. in Masvingo


 


  Team Login

© biketour4goodhope