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Reisetagebuch

7/23/2005   Zimbabwe / Harare

Baeumchenwechseldich

Die verrueckte Reise in einem klapprigen Flugzeug

(Harald) Gestern abend sind wir nochmal in unserem hiesigen Lieblingslokal Essen gegangen, haben dort im Garten gesessen und beschlossen, von Harare aus nach Masvingo zu fahren, um dort mit Peter, Paul und Mary ein paar schoene Tage zu verbringen.

Hier in Vic Falls gibt es zwar drei Internetcafes, aber entweder gibt es keine Verbindung, oder keinen Strom. Im besten davon funktionieren von vier Computern nur zwei und den einen kann man nicht benutzen, wenn am anderen im Internet gearbeitet wird, weil er irgendeine Fehlmeldung uebermittelt. Als ich nach anderthalb Std. einen Eintrag fertig habe, stelle ich fest, dass die angeblich erfolgreiche Uebermittlung nicht funktioniert hat und das Geschriebene verloren ist.

Ich versuche Diafilme zu bekommen und man sollte meinen, dass dies am wichtigsten Tourismusort des Landes moeglich sei. Ist es auch- aber die Filme sind schon fuenf Jahre alt.

Wir fahren am Nachmittag mit einem klapprigen Taxi zum Flughafen. Benzin ist in Zim derart teuer, dass die Taxifahrer kaum noch ein Geschaeft haben.

Der Flug startet diesmal fast puenktlich. Ein Jet chinesischer Herkunft mit 120 Sitzen, 2 Motoren, abgewetzten, schiefen Sitzen, schmutzigem Plastik. Diesmal landen wir in Bulawayo zwischen. Der Stewart bittet uns, uns zu setzen, damit er die Anzahl der Passagiere feststellen kann. Meinem Nebenmann sinkt staendig der Sitz nach hinten. Als der Stewart ihn auffordert seinen Sitz aufzurichten, versucht der Mann ihm das Problem zu erklaeren, aber der Plichtbewusste laesst sich nicht erweichen: der Sitz muss senkrecht stehen! Knopfdruck. Aufrecht. Absinken. Als der Stewart wieder vorbeikommt, bemaengelt er erneut: der Sitz muss senkrecht stehen! Das fliessende Englisch und der Habitus meines Sitznachbarn verraten den Geschaeftsmann und dem platzt jetzt fast der Kragen, aber der Stewart besteht erneut auf sein unsinniges Anliegen. Hey man, that’s Africa!

Bulawayo ist die zweitgroesste Stadt des Landes und Hauptstadt der Matabele, oder Ndbele, Zulu/Nduni-Abkoemmlingen. Weitaus aggressiver als die Shona, griffen sie diese vor ca. 150 Jahren an, nachdem sie von den weissen Siedlern aus S.A. vertrieben worden waren. Als Zim 1980 die erste demokratisch gewaehlte Regierung bekam, witterten die Erzfeinde der Shona Morgenluft und kauften Waffen in Mosambik, um sich vom Shonaland abzusplitten. Die Geruechte erreichten Harare und Mugabe, der daraufhin Truppen schickte, die unter den Ndbele ein Massaker anrichteten, dem zwischen 20.000 und 30.000 Menschen zum Opfer fielen. Da es bis dahin keine Kampfhandlungen gab, waren dies Zivilisten und die ethnische Komponente macht diese Massaker in der ersten Haelfte der 80er Jahre zum Genozid und Mugabe zu einem Massenmoerder. Die Weltoeffentlichkeit aber nahm damals keinerlei Notiz von diesem Voelkermord und Mugabe blieb fuer den Westen/Norden einer der vorbildlichen Fuehrer Afrikas- ein Umstand, an den die weissen Farmer gerne erinnern, wenn heute so gegen Mugabe gewettert wird. Peter z.B. sagt: “Haette man den Kerl damals in die Schranken gewiesen, waere das zu verhindern gewesen.”

Nach 40 Min. Aufenthalt fliegen wir weiter. Einem indischen Ehepaar hat irgendein Hirni der Crew gesagt, sie koennten sich hinsetzen wo sie wollten, es gaebe freie Sitze. Aber Ehepaare wollen zusammensitzen und so entsteht ein langes und lautstarkes “Baeumchenwechseldich”.

Wir ueberfliegen die Haut des Landes, die von feinen, hellen Adern durchzogen ist- Wadis und Pisten. Ein paar grellweisse Farmgebaeude, daneben akurat-rechteckige Felder mit Drahtzaeunen- das sind die kommerziellen Farmen. Die kleineren, geschwungenen Felder in allen Formen, umfasst von Dornenhecken, gehoeren zu den nahen Rundhuetten mit braunen Strohdaechern.

Sonnenuntergang. Als Mahlzeit werden Chips gereicht- Pommes de Frites, dass neue Grundnahrungsmittel in Afrika, neben Tuetenchips a la “Pringles”. Wer es sich leisten kann, ist in Afrika uebergewichtig und dieses Problem wird zunehmen. Neben allen alten Krankheiten, den vielen Geisseln Afrikas, wie den Killern Nr. 1 Malaria und Nr. 2 Aids, werden sich zusaetzlich die bekannten Zivilisationskrankheiten ausbreiten: Lungenkrebs der Raucher, Herz-Kreislauferkrankungen, Karies und Diabetis durch Fehl- und Ueberernaehrung und Bewegungsmangel etc.

Der Prospekt der Airline unterlaesst es nicht, im Artikel ueber Greater Zimbabwe zu erwaehnen, dass ein Vorvater von Praesident Mugabe angeblich 1889 um den Erhalt von Fundstuecken gegen weisse “Entdecker” gerungen hat, die diese nach Europa und S.A. in Museen brachten. Man kann sich fragen, ob diese Fundstuecke heute ueberhaupt noch existierten, haetten sie dies nicht getan.

Und ein Vorfahr Mugabes soll ebenfalls Greater Zimbabwe im 17.Jh. wieder als Kultstaette in Betrieb genommen haben, nachdem es im 16.Jh. verlassen worden war. Fuer einen Afrikaner, dem Ahnenkult und-glaube sehr wichtig sind, sind solche “Informationen” beeindruckend und geradezu verpflichtend und geben dem “Grossen Fuehrer” einen Glanz von “Respekt vor den Ahnen”.

Im Flugzeug treffen wir Terry und Mike wieder. Ersterem ist es sichtbar peinlich, dass er uns versetzt hat. Er faehrt uns zum Haus von Andy und Lisa und laedt uns ein, ihn zu besuchen.

geschrieben am 17.8. in Harare


 


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