7/25/2005 Zimbabwe / Masvingo
Clean up
Die Entrechteten von Harare
(Harald) Lisa bringt uns am Morgen zur Bushaltestelle, von wo wir zur grossen Busstation weiterfahren und dort einen der moderneren Ueberlandbusse buchen. Im Vorbeifahren habe ich zerstoerte Haeuser gesehen und waehrend der Wartezeit bis zur Abfahrt des Busses laufe ich dorthin zurueck. Tatsaechlich! Dies ist eine der "Clean-Up"-Flaechen, die im Moment durch die Weltpresse tickern. Mugabe und sein ZANU/PF-Parteibuendnis sind mittlerweile dafuer verantwortlich, ca. 700.000 Menschen obdachlos gemacht zu haben, indem sie deren Haeuser planieren liessen- unter Polizeischutz. Diese Massnahme traf vor allem die Hauptstadt, aber auch alle groesseren Staedte des Landes wie Bulawayo, Mutare, Gweru, Masvingo etc. Sinn der Aktion, so Mugabe, sei es, die illegalen, wilden Siedlungen zu saeubern, in denen unwuerdige Zustaende herrschten und den Menschen neuen Wohnraum zur Verfuegung zu stellen. Die internationale Presse wittert darin lediglich die Reduzierung von oppositionellem Waehlertum, also die Vertreibung von Waehlern der einzigen, groesseren Oppositionspartei, der MDC (Movement for Democratic Change) aufs Land, wo sie durch die lokalen Zanu/PF-Organisationen besser zu beeinflussen sind. Fragwuerdig ist jedenfalls einerseits, dass fuer die Vertriebenen ueberwiegend keine neuen Siedlungen gebaut wurden. Die Naechte sind im Hochland jetzt kalt und die Regenzeit beginnt im Oktober. Andererseits schockiert die Brutalitaet, mit der vorgegangen wurde. Vor mir breitet sich eine Schneise der Zerstoerung aus. Entlang der schmalen, notduerftig geteerten Strasse wurden beidseitig alle Haeuser eingeebnet; nur die Fundamente und zerbroeckelte, graue und weisse Mauerreste zeugen von der Gewalt, mit der in einer Hau-Ruck-Aktion dem Willen des Diktators Genuege getan wurde. Ich spreche eine Frau an, deren Haus in der zweiten Reihe dahinter steht und verschont wurde. Ja, sagt sie, vor ein paar Wochen wars, da sei die Polizei gekommen, die Leute haetten nur Minuten gehabt um ihre Sachen zu packen und dann sei alles mit grossen Maschinen eingerissen worden. Ich mache Fotos und schon kommt jemand und nickt und gibt mir Recht, dass sei ja schlimm, man habe keine neue Wohnung mehr und ob ich nicht mit Geld helfen koenne...Taucht ein Murungu auf, ist es stets dasselbe: Walking Money. Ich streune durch die Busstation, erreiche auf der anderen Seite neue Siedlungen, denen ebenfalls der Garaus gemacht wurde. "Schauen sie, kommen sie!" ruft ein Mann. Er will nicht sofort Geld und ich gehe mit ihm, gruesse ringsum die vielen Menschen, die auf Teilen ihrer Habe sitzen. "Ich bin Musiker. Das ist mein Schlagzeug. Sehen sie, was die damit gemacht haben." Das Schlagzeug ist schlichtweg Schrott, alle Trommeln eingerissen, die Becken grob verbeult, die Holzteile zersplittert. Der Mann kann seinen Lebensunterhalt nicht mehr verdienen und hat kein Geld, sich ein neues Schlagzeug zu kaufen. "Diese Leute da drueben schlafen seit drei Monaten im Freien. Sie wissen nicht wohin und haben nicht mal Geld, um irgendwohin zu fahren", meint er. Ich sehe Moebelstapel, Koffer, Plastiktaschen an Hauswaende gelehnt, Holzplanken, aus den Truemmern gesammelt. Wenn man die Leute liesse, wuerden sie glatt aus den Truemmern neue Haeuser bauen, aber bis jetzt herrscht Angst. Die Busfahrt dauert vier Std.. Wir gehen zu Fuss durch Masvingo, als Mary ploeztlich neben uns haelt:"You need a lift?" scherzt sie. Die beiden Hunde kennen mich noch und auch die Kinder, die Haushaelterin und der freundliche Gaertner mit dem Strohhut. Es ist fuer mich ein bisschen wie nach Hause kommen. Mein eigentliches Zuhause wird ersetzt durch viele provisorische Orte, die ich mir etwas mehr vertraut gemacht habe. geschrieben am 26.8. in Lilongwe
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