7/28/2005 Zimbabwe / Masvingo
Chronisch infiziert mit Virus Africanus
Etwas im Blut
(Harald) Peters grosse Leidenschaft ist Angeln. Ich habe noch nie einen Fisch geangelt und es gelingt mir auch heute nicht, aber ich lerne wenigstens den Umgang mit der Angel. Auf einen Anhaenger der bessere Tage gesehen hat, zieht Peter ein altes Motorboetchen hinter seinem 4x4 her, Mary und die Kinder sitzen vorne, Christina und ich, dick vermummt, und drei Arbeiter auf der Ladeflaeche des Bakkis. Letztere setzt Peter bei seinem Schwiegervater ab, mit dem er eng zusammenarbeitet. 40 km Rumpelfahrt. Am Ufer des Lake Kyle liegt ein Campinggelaende, unter grossen Laubbaeumen, umgeben von Kopjes. Hier trifft sich die weisse Community, tauscht Neuigkeiten aus. Das Personal und nur ein einziges Clubmitglied sind schwarz. Wir haben Pech, denn dies ist der einzige truebe und kalte Tag unseres Aufenthalts in Masvingo. Peter setzt den ganzen Anhaenger rueckwaerts in den See und steigt mit nackten Beinen ins Wasser. "Gibt es hier keine Bilharziose?" frage ich ihn. Doch, gibt es, reichlich sogar und Peter ist schon mehrfach daran erkrankt. Er zeigt mir die kleinen Schnecken im Uferschlamm, die in ihren Ausscheidungen die Eier der parasitaeren Wuermer ins Wasser absetzen. Die geschluepften Wuermer sind winzig, mit dem blossen Auge nicht zu erkennen und setzen sich auf der Haut fest und bohren sich durch diese hindurch und gelangen ueber die Blutbahnen in die Organe und sogar ins Gehirn. Unbehandelt fuehrt diese Krankheit zum Tod, weil das Opfer an Sauerstoffarmut im Blut stirbt. "Ich wusste beim ersten Befall erst dass ich Bilharzia hatte, als ich staendig muede war und mein Lehrer mir sagte, ich solle mich testen lassen." Der starke Wind macht das Angeln nahezu unmoeglich und wir Drei tuckern in eine nahe Bucht, um etwas Windschutz zu haben. Die Gischt spritzt ins Boot, der Motor stottert redlich, faellt immer wieder mal aus, aber wir haben ja den winzigen Frontmotor fuer den Fall der Faelle. Ohne das wir uns gegenseitig Angelhaken beim Auswerfen in Ohrlaeppchen oder Nasenfluegel ziehen, haben wir nach ca. 1 Std. die Sache einigermassen im Griff. Nur- die Fische beissen nicht. Wie zum Hohn gackern uns ein paar rostbraun-schwarze Aegyptische Gaense zu. Am Ufer versuchen drei Schwarze mit selbsgebastelten Angeln ihr Glueck. Einer kommt sogleich zu uns und fragt Peter um einen seiner Hightec-Koeder. Aus der Seeflaeche ragen die Kopjes heraus und es reizt mich, dort an Land zu gehen, aber der Wind und Wellengang veranlassen uns mittags zum Clubgelaende zurueckzufahren, wo Mary ein Picnic vorbereitet hat, samt einem zuenftigen Braai, der S.A. Variante des Grillens von Boerwors (Bauernwurst) und Steaks. Wir schauen auf den spiegelnden See hinaus, die Sonne bricht durch. "Wir haben immer noch ein schoenes Leben hier. Wir wollen hier nicht weg, trotz allem", sagt Mary. "Sowas"- sie deutet auf den See und den Busch ringsum, "hast du in London nicht. Und ich glaube, du hast laengst den Virus eingefangen, Harald, oder?" Mir wird klar, dass sie Recht hat. Ich hoffe nur, dass ich nicht irgendwann in Deutschland mit versunkenem Blick auf schiefgenaehte Gardinen schaue wie Baronin Blixen: "Ich war auf einer Farm in Afrika..." Fuer Christina besteht noch Hoffnung, ihr Aufenthalt ist kurz, sie kann, falls infiziert, noch geheilt werden. Aber bei mir ists schon chronisch. geschrieben am 27.8. in Lilongwe
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