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Reisetagebuch

7/31/2005   Zimbabwe / Masvingo

Knock-Out

Nette Leute von Nebenan

(Harald) Ich bin noch in Masvingo geblieben, um meine Eintraege zu schreiben, was sich auf Grund von Stromausfaellen, Serverproblemen etc. wieder mal fast unmoeglich ist.

Peter laesst beim Thema "Wir Rassisten haben recht!" nicht locker. Alles, was sich Negatives ueber die indigene Bevoelkerung sagen laesst, wird hervorgeholt, herausgestellt. Mary sagt, obwohl sie wenig sage, sei sie selbst eine noch schlimmere Rassistin als Peter. "Mir sieht man das nicht an, aber hier drinnen"- sie deutet auf ihre Brust- "bin ich noch radikaler." Was soll man da noch sagen?

Als ich eines der Buecher, die mir Peter zum Lesen gegeben hat, hervorhole und ein Foto verurteile, auf dem ein S.A.-Soldat hinter drei Leichen mosambikanischer Freiheitskaempfer kniet, sein Gewehr in die Huefte gestemmt, posierend, als ob er gerade Grosswild erlegt haette, sagt Mary: "Schade dass er nicht vierzig mehr erschossen hat, dann haetten wir weniger Probleme." Wenn wir ueber Wildtiere sprechen, sagen Peter und Mary: "Die Tiere sind nur fuer uns geschaffen, wozu sonst waeren sie nutze? Wenn wir sie nicht brauchen, schiessen wir sie ab. Wir haben alle Raubtiere geschossen auf unseren Farmen. Ihr Europaeer seid da romantisch, weil bei euch schon alles leergejagt ist. Ihr gebt ja heute noch keine Ruhe alles zu erlegen, was rumlaeuft. Fuer uns ist das schlicht eine Frage des Business: Die Loewen, Hyaenen, Leoparden, Schakale fressen unser Vieh und deshalb erledigen wir sie."

Peter hat recht, wenn er die Widerspruechlichkeit der Europaeer kritisiert. In den Pyraenaeen wurde gerade der letzte Braunbaer von einem Jaeger erlegt, obwohl das streng verboten war, angeblich hatte die Baerin seinen Hund angegriffen. Als ich 1998 durch die Schweiz radelte, waren die Titelblaetter mir der reisserischen Schreckensnachricht voll: "Ein Braunbaer in den Berner Alpen gesichtet!" Bis heute gilt der harmlose, scheue, kleine Luchs (schon vor ueber 100 Jahren in Deutschland ausgerottet) als menschengefaehrlich und seine Wiedereinbuergerung im Bayrischen Wald stoesst auf heftigsten Widerstand. Das gleiche gilt fuer Woelfe, die immer mal wieder von Polen oder Tschechien nach Oesterreich oder Deutschland einzuwandern versuchen. Die Urangst gegen Raubtiere ist viel staerker als die viel realere, durch ueberhoehte Geschwindigkeit im Strassenverkehr umzukommen. Waehrend wir in Kauf nehmen, das tausende Kinder jedes Jahr durch den Verkehr sterben, wollen wir auch noch die letzten Weissen Haie vernichten, weil im Jahr weltweit ein paar Menschen durch sie sterben. Niemand interessiert die Erhaltung der Wildpferde, Antilopen, Wildkatzen usw. in Deutschland. Safaris im Bayrischen Wald, um dort das Wildleben zu sehen, sind nicht im Reisebuero buchbar.

Viele Weisse in Zim sind in ihrer Radikalitaet kaum zu uebertreffen: "Die Amerikaner machen das richtig. Aufruesten, in Waffensysteme investieren. Uns steht ein Krieg mit den Muslimen ins Haus. Und wenn wir hier in Zim mehr Weisse gewesen waeren, dann haetten wir mehr von denen erledigt." Ich frage dann diese gebildeten, studierten Maenner, ob sie wirklich glauben, dass man mit Buergerkrieg agieren solle, so man denn koennte. Ob sie wirklich Millionen toeten wollten, nur um die Weissen an der Macht zu halten.

"Ja. Aber eigentlich muessten rund eine Millionen reichen. Alle die von der Zanu-PF, die Veteranen. Wir koennen Genozid gut verstehen. Wir sind Rassisten aus Ueberzeugung. Fuer uns sind die Schwarzen ja keine Menschen..." So geht das weiter. Ich bitte meine Gespraechspartner einfach aufzuhoeren, darueber zu sprechen. Dann gehe ich in Kuechen, wo gerade schwarze Mamas die Kinder der Weissen zum Beruhigen auf dem Ruecken tragen, oder in die Gaerten, wo schwarze Gaertner den weissen Farmerkindern liebevoll alles erklaeren, sie troesten wie leibhaftige Grossvaeter, ihnen ihre Sprache beibringen. Diese Angestellten wuerden- so beobachte ich das- ihr Leben riskieren, um ein solches Kind zu schuetzen.

Es gibt Berichte von weissen Farmern in Zim, die bei den gewaltsamen Farmuebernahmen durch die sog. "Veteranen" des Freiheitskampfes in den letzten Jahren von ihren Angestellten beschuetzt wurden. Unter diesen Arbeitern gab es Tote, wenn sie sich mit Waffen gegen die Veteranen stellten und dann von der Polizei, die Letztere widerrechtlich schuetzte, erschossen wurden. Dazu sagt Peter, dass sie dies nur gemacht haetten, weil sie ihre Arbeitsplaetze in Gefahr gesehen haetten. Sein Leben fuer seinen mies bezahlten Arbeitsplatz geben? Nicht fuer einen Gerechtigkeitssinn, nicht aus Mitleid, Anteilnahme, Symphatie?

Die Buren-Farmer in S.A.s nordoestlichen Provinzen und ihre zimbabwischen Glaubensbrueder sind die schlimmsten Rassisten, die ich je erlebt habe. Mich wundert ueberhaupt nicht, dass sie in ganz SSA verhasst sind. Mich wundert eigentlich nur, dass sich die Schwarzen nicht mit einem Buergerkrieg nach Machtuebernahme revangiert haben.

In der Nacht zu Montag stellen sich heftige Rueckenschmerzen bei mir ein, die mich dann fuer drei Tage nahezu lahmlegen. Marys Eltern bringen Medikamente, man kuemmert sich ruehrend um mich. So nette, ehrliche, fleissige, kluge, hilfsbereite, gebildete, grosszuegige, glaeubige, erfolgreiche, mutige Menschen. Solche Rassisten.

Ich bin Knock-Out und mir bleibt viel Zeit zum Lesen. Das amerikanische Magazin "Newsweek" (7.2005) schreibt u.a., dass die Hauptstadt Tansanias Daressalam sei (es ist Didoma) und das Tanzania nie Krieg gefuehrt habe (Tanzania musste sich unter hohen Kosten 1979 gegen einen Angriff Ugandas unter Idi Amin wehren) und das die Oekonomie vieler afrikanischer Laender aufwaerts gehe (das liegt fast ausschliesslich am dort gefoerderten Erdoel und hat nicht viel mit einer Entwicklung der Maerkte zu tun). Wie sollen sich die armen Amerikaner bei soviel Nonsens, in einem der groessten Magazine der Welt verbreitet, da ein richtiges Bild ueber Afrika machen?

geschrieben am 10.9. in Iringa /Tansania


 


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